| Veranstaltung: | KMV Grüne Münster 18.11.2025 - Berichte und Kommissionen |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 7. Anträge aus der Mitgliedschaft |
| Antragsteller*in: | Birgit Wolters, Judith Petersen, Lukas Färber, Marie Diekmann (KV Münster) |
| Status: | Eingereicht |
| Eingereicht: | 04.11.2025, 13:52 |
A1: Selbstbestimmt engagiert: Für Freiwilligendienste mit Zukunft statt Pflichtdiensten von Gestern
Antragstext
Der Kreisverband Münster von Bündnis 90/Die Grünen spricht sich klar gegen die
Einführung eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres oder anderer Pflichtdienste
für junge Menschen aus. Wir fordern stattdessen eine wirksame Stärkung der
Freiwilligendienste und eine moderne, zivile Engagements- und
Sicherheitspolitik, die auf Beteiligung statt auf Zwang setzt.
- Ablehnung von Pflichtdiensten: Junge Menschen dürfen nicht zu einem
Dienstjahr verpflichtet werden – weder im sozialen Bereich oder im
Katastrophenschutz noch bei der Bundeswehr. Ein solcher Pflichtdienst
greift massiv in die persönliche Freiheit und Lebensplanung ein, ist
sozial unausgewogen und löst keine strukturellen Probleme.
- Aufwertung und Stärkung der Freiwilligendienste: Wer sich engagieren will,
soll dies freiwillig tun können – unter guten Bedingungen. Dafür gibt es
bereits wertvolle etablierte Strukturen durch den Bundesfreiwilligendienst
(BFD), das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) und andere Formen von
Freiwilligendiensten. Diese sollen gestärkt und aufgewertet werden durch- eine angemessene Bezahlung, die mehr ist als ein Taschengeld und zum
Leben ausreicht, - mehr Plätze und stabile Finanzierung für Trägerorganisationen, die
auch längerfristige Planungen ermöglicht, - offenere Zugänge auch für Menschen mit Behinderung, geringem
Einkommen oder Flucht- und Migrationsgeschichte und Menschen mit
Care-Verpflichtungen, z.B. durch die Möglichkeit der Teilzeitarbeit, - mehr Anreize für Freiwilligendienstleistende, etwa die kostenlose
Nutzung des ÖPNV.
- eine angemessene Bezahlung, die mehr ist als ein Taschengeld und zum
- Strukturelle Probleme politisch lösen – nicht auf den Schultern junger
Menschen abladen: Personalmangel in Pflege, Bildung, Katastrophenschutz
oder Sozialarbeit ist keine Folge mangelnden Pflichtbewusstseins junger
Generationen, sondern fehlender politischer Prioritäten. Statt
Pflichtdienste einzuführen, braucht es bessere Bezahlung, gute
Arbeitsbedingungen und Investitionen in diese Bereiche.
- Sicherheitspolitik neu denken: Wir stehen einer zunehmenden Bedrohungslage
durch internationale Konflikte und Krisen, neuen Formen der Kriegsführung,
aber auch durch häufiger werdende Naturkatastrophen gegenüber. Für diese
sicherheitspolitischen Herausforderungen braucht es ein modernes
Verständnis von Wehrhaftigkeit durch- den Ausbau freiwilliger Strukturen, etwa durch eine zentrale
Koordinierungsstelle auf Bundesebene und die bessere Vernetzung
unterschiedlicher Akteur*innen aus Zivilgesellschaft,
Katastrophenschutz und Militär, - niedrigschwellige Zugänge zum zivilgesellschaftlichen Engagement und
militärischen Dienst für freiwillig Engagierte aus allen
Generationen, etwa im Rahmen von Reserveübungen , - gezielte Reformen in der Bundeswehr, die sie funktionsfähiger und
für Freiwillige attraktiver machen – aber keine Rückkehr zur
Wehrpflicht für junge Menschen.
- den Ausbau freiwilliger Strukturen, etwa durch eine zentrale
- Klare GRÜNE Linien: Wir fordern die Landes- und Bundespartei sowie die
Bundestagsfraktion auf, sich klar gegen Pflichtdienste jeglicher Form zu
positionieren und für den Ausbau und die Verbesserung freiwilliger
Engagementformen, seien dies Freiwilligendienste oder regelmäßiges
ehrenamtliches Engagement, einzutreten. Wir fordern die Ratsfraktion dazu
auf, sich für die Stärkung und Ausweitung der Freiwilligendienste bei der
Stadt Münster einzusetzen.
Begründung
Die Debatte um ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr wird häufig mit dem Wunsch nach mehr gesellschaftlichem Zusammenhalt oder der Stärkung der Wehrhaftigkeit begründet. Ein Pflichtdienst, insbesondere wenn er ausschließlich junge Menschen verpflichtet, ist dafür aber keine sinnvolle oder gerechte Lösung.
Ein verpflichtender Dienst bedeutet für junge Menschen einen massiven Eingriff in ihre persönliche Freiheit und Lebensplanung – z. B. beim Übergang in Ausbildung, Studium oder Beruf. Das ist insbesondere mit Blick auf die gesamtgesellschaftliche Position von Jugendlichen und jungen Erwachsenen abzulehnen. Laut Shell-Jugendstudie von 2024 engagieren sich bereits 40% der Jugendlichen für die Gesellschaft oder ihre Mitmenschen. Jugendliche tragen auch ohne einen Pflichtdienst entscheidend zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei.
Die Jugendverbände im Deutschen Bundesjugendring (DBJR) und die Bundesarbeitsgemeinschaft Freiwilligendienste machen seit Jahren klar: Engagement lebt von Freiwilligkeit. Nur wer sich freiwillig beteiligt, identifiziert sich auch mit den Aufgaben und bringt Motivation und Kreativität in die Arbeit ein. Dafür gibt es bereits etablierte Freiwilligendienste, die aber in den vergangenen Jahren immer wieder Ziel von Haushaltskürzungen werden sollten. Statt Unsummen für einen verpflichtenden Dienst auszugeben, sollte die langfristige Finanzierung der Freiwilligendienste und ihr Ausbau abgesichert werden.
Zugleich würde ein Pflichtdienst die Ursachen struktureller Probleme nicht beheben: Personalmangel in der Pflege, unterbesetzte Kitas, fehlender Katastrophenschutz und die mangelnde Verteidigungsfähigkeit entstehen nicht, weil junge Menschen zu wenig tun, sondern weil die Politik zu wenig investiert und falsche Prioritäten setzt. Eine Pflicht kaschiert diese Versäumnisse – und verschiebt die Verantwortung auf die Jugend, die in einer Welt, die sie nur im Dauerkrisenmodus kennen, auch ohne Pflichtdienst mehr als genug Last auf ihren Schultern trägt.
Ein Pflichtdienst ist zudem keine geeignete sicherheitspolitische Antwort auf neue Bedrohungslagen. Es braucht eine zivile Resilienz, funktionierenden Katastrophenschutz und ein modernes Verteidigungsverständnis – nicht die Rückkehr zu einer Wehrpflicht aus dem letzten Jahrhundert.
Wir Grüne stehen für Freiwilligkeit, Selbstbestimmung und gesellschaftlichen Zusammenhalt auf Augenhöhe. Junge Menschen sollen die Chance haben, sich einzubringen – nicht die Pflicht. Deshalb lehnen wir Pflichtdienste ab und setzen auf starke Freiwilligendienste und gute politische Rahmenbedingungen für ein breites gesamtgesellschaftliches Engagement aller Generationen.
Zustimmung
- Steffen Dennert
- Sonja Völker
- Katharina Foreman

Kommentare
Franz-Bernhard Schrewe: