Veranstaltung: | KMV Grüne Münster 17.05.2025 - Wahlprogramm |
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Tagesordnungspunkt: | 2.3.4. Migration |
Antragsteller*in: | Kreisvorstand (dort beschlossen am: 29.04.2025) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 02.05.2025, 12:40 |
A19: Migration
Antragstext
• eine zukunftsfähige Stadtverwaltung, die Migration gestaltet.
• eine Willkommenskultur gegenüber internationalen Arbeitskräften.
• Schutz und Perspektiven für geflüchtete Menschen.
• eine gerechtere Infrastruktur in benachteiligten Stadtteilen.
• Unterstützung von migrantischen, BIPoC- und weiteren Gruppen, die sich für
Demokratie engagieren.
Noch nie hat es in Münster ein so junges, vielfältiges und plurales, ein so
migrantisches, jüdisches, muslimisches, PoC-Leben gegeben wie heute. Diese
Vielfalt lassen wir uns nicht nehmen – weder von einer Partei noch von
irgendeiner Gruppe, die Menschen verachtet. Wir GRÜNE setzen uns für eine
inklusive Politik ein, die von, für und mit Menschen mit Migrationsbiografie
gestaltet wird.
Daher verankern wir Migration als Querschnittsthema stärker in sämtlichen
Politikfeldern. Unser Ziel sind Bildungschancen, Geschlechtergerechtigkeit,
ausreichend Kitaplätze, erschwingliche Wohnungen, gute Pflege und effektive
Mobilität für alle Münsteraner*innen. Wir wissen, dass einige Gruppen
internationaler Herkunft strukturell benachteiligt sind und sich oft nicht
mitgemeint fühlen. Dieses Ausschlussgefühl bedroht unsere Demokratie vor Ort.
- Seit der Reform der Einbürgerung durch die Ampelregierung, die den Prozess
erleichtert und die doppelte Staatsbürgerschaft ermöglicht hat,
entscheiden sich auch in Münster immer mehr Menschen für die deutsche
Staatsbürgerschaft. Wir GRÜNE haben diesen Wandel aktiv unterstützt, indem
wir neue Verwaltungsstellen geschaffen und das Verfahren beschleunigt
haben. Zudem haben wir ein Welcome Desk auf den Weg gebracht, um
internationale Fachkräfte willkommen zu heißen.
- Die umfassende interkulturelle Öffnung der Verwaltung mit ihren etwa 8.000
Mitarbeiter*innen steht dank unserer Beharrlichkeit weiter auf der
Tagesordnung: Stellenanforderungen werden nun flexibilisiert, Menschen mit
internationaler Geschichte zur Bewerbung ermutigt und ein
Ausbildungscampus wird insbesondere auch Jugendliche mit
Migrationsbiografie fördern.
Wir setzen uns konsequent für eine zukunftsfähige Stadtverwaltung mit Strukturen
für unsere diverser werdende Stadtgesellschaft ein. Unsere Behördenangebote
müssen die Vielfalt unserer Stadt besser widerspiegeln. Also werden wir gezielt
mehr Menschen mit Migrationsbiografie einstellen. Darüber hinaus entwickeln wir
differenzierte Services für die unterschiedlichen Migrationsformen wie
Einwanderung und Rückkehrwanderung, Flucht und Vertreibung, Pendel- und
transnationale Wanderung, die mit unterschiedlichen Erwartungen und
Teilhabeansprüchen der jeweiligen Migrierenden verbunden sind. Denn eine gut
funktionierende Stadt braucht eine Verwaltung, die alle Menschen gleichermaßen
erreicht und einbindet.
Die Behörde für aufenthaltsrechtliche Angelegenheiten hat großen Einfluss auf
das Leben von Ausländer*innen. Deshalb ist es wichtig, dass sie gut erreichbar
ist, transparent arbeitet, kurze Wartezeiten hat und insgesamt einen guten
Service bietet – das wollen wir verbessern. Außerdem soll die Behörde ihre
Ermessensspielräume bestmöglich nutzen, um Menschen ein Bleiberecht zu
ermöglichen, anstatt sie zur Ausreise zu zwingen. Denn Aufenthaltsentscheidungen
betreffen immer auch das Leben und die Zukunft von Menschen.
Wir setzen uns deshalb dafür ein, das Kölner Programm „Bleiberechtsperspektiven
für langjährig Geduldete“ auch in Münster umzusetzen. Vor allem für Menschen mit
Arbeit wollen wir so eine Perspektive in Münster schaffen. Ebenso werden wir uns
dafür einsetzen, dass Menschen, die hier eine Ausbildung machen, langfristig in
Münster bleiben können.
Das vom Land geförderte Kommunale Integrationszentrum verstehen wir als eine von
der sogenannten Ausländerbehörde unabhängig arbeitende Einrichtung. Sie
koordiniert die kommunalen Aufgaben der Teilhabe und Integration und vernetzt
die unterschiedlichen Akteure. Wir unterstützen insbesondere ihre
rassismuskritische und diversitätssensible Bildungsarbeit.
Weiterhin setzen wir uns für Mehrsprachigkeit ein: In Münster werden viele
Sprachen gesprochen, und das soll sich stärker in der Kommunikation aller
städtischen Einrichtungen mit Bewohner*innen und Besucher*innen widerspiegeln.
Auch Einfache Sprache muss zum Standard werden, damit Menschen mit geringen
Deutschkenntnissen wichtige Dokumente leichter bearbeiten können. Zudem fehlen
leicht zugängliche, mehrsprachige Verzeichnisse zentraler Serviceleistungen in
der Stadt – etwa von Ärzt*innen und Therapeut*innen.
Nicht nur in der Kommunikation der Stadt, sondern auch im Stadtbild werden wir
Mehrsprachigkeit fördern, sei es bei Wegweisern, Hinweistafeln oder in Bussen.
Unser Ziel ist es, dass alle Menschen sich in Münster gut zurechtfinden können,
egal ob sie seit Jahrzehnten hier leben, vor kurzem neu angekommen oder nur auf
der Durchreise sind.
Dafür bieten wir ausreichend Sprachkurse, mehrsprachige Beratung sowie
Qualifikations- und Integrationskurse an. Menschen, die bereits hier sind,
unterstützen wir aktiv beim Einstieg in den Arbeitsmarkt. Gleichzeitig arbeiten
wir daran, Münster für internationale Fachkräfte aus Wissenschaft, Handwerk,
Technik und Pflege attraktiv zu halten. Doch gute Arbeitsbedingungen allein
reichen nicht aus: Alle neuen Münsteraner*innen müssen sich auch
gesellschaftlich willkommen fühlen. Institutionelle und strukturelle
Diskriminierung wie auch offene oder versteckte Ablehnung erschweren die
Integration erheblich – besonders für Menschen, die aufgrund ihrer Hautfarbe,
ihres Akzents oder ihres Kopftuchs als „fremd“ wahrgenommen werden.
Schließlich folgen wir auch dem Wunsch von Wirtschaft und Handwerk nach einer
transparenten und zügigen Integration von Eingewanderten. Wir werden die
Entwicklung von Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration sowohl von
Arbeitssuchenden als auch von Geflüchteten in Zusammenarbeit mit
Wirtschaftsverbänden, Arbeitsagentur und Jobcenter vorantreiben. Dazu gehören
auch feste Ansprechpersonen für die Wirtschaft bei der Behörde für
aufenthaltsrechtliche Angelegenheiten.
Schutzbedürftige Gruppen wie geflüchtete Kinder und unbegleitete Minderjährige,
Frauen und LSBTIQ*-Personen sowie Menschen mit Behinderung erhalten unsere
besondere Aufmerksamkeit. Wir fördern und unterstützen engagierte Einrichtungen
wie die GGUA und Queer Refugees Münster, die diesen Menschen eine Stimme geben
und sie bestmöglich beraten.
Die jüngsten Angriffe durch psychisch kranke Geflüchtete zeigen, wie wichtig es
ist, psychosoziale Einrichtungen wie Refugio besser abzusichern. Diese
Einrichtungen bieten niedrigschwellige, mehrsprachige Unterstützung für
traumatisierte Menschen und benötigen eine verlässliche Finanzierung. Auch in
Münster ist die psychosoziale, medizinische und therapeutische Versorgung von
Asylbewerber*innen mit psychischen Erkrankungen jedoch noch völlig unzureichend.
Hier wollen wir Einfluss nehmen.
Auch die zentrale Unterbringungseinrichtung des Landes für Geflüchtete muss
stärker in den Blick genommen werden. Die Stadt trägt Verantwortung dafür, dass
die dort untergebrachten Kinder und Jugendlichen zur Schule gehen und an offenen
Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe im Quartier teilhaben können.
Bislang hat Münster keine „Ghettos“, und das muss auch so bleiben. Im Gegenteil:
Stadtteile wie Kinderhaus, Coerde und Berg Fidel sind lebendige Orte der
Vielfalt. Doch die Komplexität dieser hochgradig diversen Stadtteile führt auch
zu Konflikten, die gestaltet werden müssen. Die Bewohner*innen und viele
Initiativen engagieren sich aktiv und gestalten ihr Quartier mit – eine
wertvolle Eigeninitiative, die wir unterstützen werden.
Gleichzeitig ist die Infrastruktur in diesen migrantisch geprägten Stadtteilen
oft unzureichend. Es fehlen Kita-Plätze, Pflegewohngemeinschaften und eine
Gesamtschule. Wir setzen uns dafür ein, dass strukturell benachteiligte
Quartiere besonders gut mit qualifizierter Sozialer Arbeit ausgestattet werden.
Auch mehr niedrigschwellige Quartierstreffs können ein wichtiger
Anknüpfungspunkt für Nachbarschaftsinitiativen sein.
Wir werden verstärkt jene Gruppen unterstützen, die sich in unserer Stadt für
Pluralität, Demokratie und Menschenrechte einsetzen. Denn Migrant*innen-Selbst-
Organisationen, Neue Deutsche Organisationen, migrantische Kunstprojekte,
Initiativen von und für Münsteraner*innen of Color, Sinti*zze und Rom*nja sowie
Juden*Jüdinnen leisten einen wertvollen Beitrag, indem sie sich für die
spezifischen Bedarfe von Menschen mit eigener oder familiärer
Migrationsbiografie engagieren oder von Rassismus betroffene Menschen
unterstützen.
Uns geht es darum, die Vielfalt und Bereicherung unserer Stadtgesellschaft durch
Migration aktiv anzuerkennen und dafür zu sorgen, dass Menschen mit
internationaler Geschichte und Rassismuserfahrungen gleichberechtigt an der
lokalen Demokratie teilhaben können. Ihre Perspektiven und Beiträge sollen in
allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens sichtbar gemacht und gewürdigt
werden. Bislang sind sie in vielen Beteiligungsprozessen der Stadt deutlich
unterrepräsentiert – das werden wir ändern.
Zustimmung
- Mechtild Kuhlmann-Weßeling
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