Veranstaltung: | KMV Grüne Münster 17.05.2025 - Wahlprogramm |
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Tagesordnungspunkt: | 2.2.2. Kinder und Familien |
Antragsteller*in: | Kreisvorstand (dort beschlossen am: 29.04.2025) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 02.05.2025, 11:50 |
A9: Kinder und Familien
Antragstext
• eine Familienfördergarantie, die Familien unbürokratisch die Unterstützung
zukommen lässt, auf die sie einen Anspruch haben.
• verlässliche Kindertagesbetreuung, die allen Kindern die gleichen Startchancen
bietet und Eltern ermöglicht, Familie und Beruf zu vereinbaren.
• eine starke und finanziell abgesicherte Trägerlandschaft in der Jugendhilfe,
die den wachsenden und sich verändernden Herausforderungen im Sinne der Kinder,
Jugendlichen und Familien unserer Stadt gewachsen ist.
• konsequente Verbesserungen im Arbeitsfeld der Sozial- und Erziehungsberufe, um
neue Fachkräfte gewinnen und erfahrene Fachkräfte binden zu können – egal ob in
der Kita, dem offenen Ganztag, der Jugendarbeit oder der Heimerziehung.
Wir GRÜNE stehen für ein Münster, in dem auch Kinder aus benachteiligten
Verhältnissen groß träumen dürfen – und junge Menschen sicher großwerden können,
weil wir ihre Rechte konsequent in den Mittelpunkt stellen. Dabei sehen wir
Kinder in all ihren Lebensrealitäten: in Vater-Mutter-Kind-Familien ebenso wie
in Regenbogenfamilien, bei Alleinerziehenden, in Patchwork-Konstellationen oder
in Formen der Co-Elternschaft. Wir unterstützen Eltern darin, dass sie Familie
und Beruf partnerschaftlich und gleichberechtigt miteinander vereinbaren können.
Ein solches familienfreundliches und plurales Münster erreichen und erhalten wir
nur mit den vielen freien Träger und ihrer wichtigen Arbeit für unsere
Stadtgesellschaft. Wir sehen unsere Verantwortung in den nächsten Jahren daher
nicht nur im Ausbau kinder- und familienpolitischer Leistungen, sondern
angesichts des Fachkräftemangels und knapper finanzieller Mittel auch im Erhalt
und der Unterstützung unserer vielfältigen Trägerlandschaft.
Auch in Münster gibt es Familien und Kinder, die in oder mit Armut aufwachsen.
Zwar gibt es viele finanzielle Unterstützungsleistungen, aber zu oft werden
diese von den Betroffenen aus Scham, Unwissenheit oder wegen bürokratischer oder
sprachlicher Hürden nicht in Anspruch genommen. Das werden wir durch die
Einführung einer kommunalen Familienfördergarantie ändern.
Statt für unterschiedliche Leistungen unterschiedliche Anträge bei
unterschiedlichen Anlaufstellen einreichen zu müssen, werden wir zukünftig die
Verwaltung die Arbeit für die Familien machen lassen. Wer eine Leistung wie zum
Beispiel Wohngeld, Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket, Kinderzuschlag
usw. beantragt, wird automatisch über den Anspruch auf weitere Leistungen
informiert und kann sie unbürokratisch in Anspruch nehmen. Für zusätzlichen
Beratungsbedarf im Bereich der Sozialleistungen werden wir eine zentrale
Anlaufstelle bei der Stadt einrichten. Natürlich wird die Familienfördergarantie
so gestaltet sein, dass alle Münsteraner*innen – ob hier geboren oder hierher
geflüchtet, ob mit oder ohne Beeinträchtigung – von den Vorteilen profitieren.
Kinderrechte sind das Fundament unserer Politik. Wir setzen uns für eine Stadt
ein, in der junge Menschen ihre Rechte auf Schutz, Förderung und Mitbestimmung
uneingeschränkt wahrnehmen können. Deswegen werden wir in Münster den Prozess
zur Zertifizierung als kinderfreundliche Kommune anstoßen und die Kinderrechte
systematisch in allen Bereichen unserer Stadt verankern.
Spielplätze sind Orte der Begegnung für Kinder und ihre Familien. Damit alle
Kinder diese Orte nutzen können, also insbesondere auch Kinder mit Behinderung,
werden wir Münster zur Vorreiterin inklusiver Spielplätze machen. Dazu gehören
barrierefreie Wege, Sitz- und Erholungsmöglichkeiten sowie selbstverständlich
auch inklusive Spielgeräte. Auch für Jugendliche werden wir im Sinne ihrer
Rechte inklusive Orte im Stadtraum schaffen.
Kindertageseinrichtungen sind nicht nur Orte der frühkindlichen Bildung,
Entwicklungsförderung und Vorschulförderung, sondern auch unverzichtbare Säulen
für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Neben den Kindertageseinrichtungen
leisten im U3-Bereich auch die Kindertagespflege und Kindergroßtagespflege einen
wichtigen Beitrag zu einer stabilen Betreuungsinfrastruktur.
Stadtteile, in denen die Versorgung mit Betreuungsplätzen noch
unterdurchschnittlich ist, werden wir besonders in den Fokus nehmen und
Ressourcen dorthin lenken, wo hohe Bedarfe anzutreffen sind. Der Bedarf an
Fachkräften sowie finanzieller Unterstützung ist in nahezu allen Einrichtungen
spürbar und erfordert eine Fortführung unserer bisherigen kommunalpolitischen
Anstrengungen.
Die Zahl der Bewerber*innen für eine pädagogische Ausbildung übersteigt
inzwischen oftmals das Angebot der Berufsschulen. Entsprechend werden wir den
Ausbau der Ausbildungskapazitäten fördern. Gleichzeitig werden wir angesichts
hoher Abbruchquoten die Ausbildungsbedingungen verbessern, indem wir die
Begleitung in den Praxisphasen professionalisieren und Unterstützungsangebote
schaffen, die den Wünschen junger und angehender Fachkräfte gerecht werden.
Wer sich für einen pädagogischen Beruf entscheidet, tut dies, weil sie oder er
Spaß an der Arbeit mit Kindern und Familien hat. Damit sich die Fachkräfte in
den Kitas auf diese Arbeit konzentrieren können und insbesondere
Leitungspositionen von nicht-pädagogischen Aufgaben entlastet werden, werden wir
den Einsatz von Verwaltungs- und anderen unterstützenden Kräften in den
Einrichtungen prüfen.
Die Ausgestaltung der Kitafinanzierung liegt zuallererst beim Land NRW und fußt
aktuell auf je einem Beitrag von Land und Kommune sowie einem von den Trägern
kaum noch zu leistenden Anteil. Wenn die vom Land angekündigte Reform der
Kitafinanzierung nicht die gewünschte Entlastung für die Träger bringt, sind wir
uns unserer kommunalen Verantwortung bewusst, finanziell einzuspringen, um
unsere Betreuungsinfrastruktur aufrechterhalten zu können.
Die Lebensrealitäten von Kindern und ihren Familien sind heute vielfältiger denn
je. Viele Kinder wachsen mit einer eigenen oder familiären Migrationsgeschichte
auf. Die ökonomischen Voraussetzungen der Familien unterscheiden sich zum Teil
stark, und es gibt eine breite Vielfalt an gelebten Familienmodellen. Auch
darüber hinaus zeigen sich viele Facetten von Diversität. Unabhängig davon
verdient jedes Kind die besten Startchancen, die wir GRÜNE ihm ermöglichen
werden.
Frühkindliche Förderung, Bewegung und gesunde Ernährung sind essentiell für eine
gesunde Entwicklung. Daher setzen wir uns für die Verbesserung der dafür nötigen
Rahmenbedingungen ein. Das Raumprogramm neuer Kitas werden wir beispielsweise so
anpassen, dass ab einer gewissen Einrichtungsgröße ein zweiter Bewegungsraum
einzuplanen ist. Außerdem werden wir darauf achten, dass die Außenflächen
naturnäher und bewegungseinladender gestaltet werden und möchten Träger, die die
Bereiche Bewegung und Ernährung besonders berücksichtigen, in ihren
Anstrengungen unterstützen. Ebenso werden wir schwerpunktmäßig auf
sprachfördernde und diversitätssensible Angebote achten, um der Vielfalt der
Kinder und ihrer Familien gerecht zu werden.
Als Kommune begrüßen wir den Ausbau der Familienzentren durch das Land NRW.
Dadurch können Familien und Kinder mit höherem Unterstützungsbedarf bereits
niedrigschwellig gefördert werden. Als zusätzliche kommunale Unterstützung für
Familien und Fachkräfte haben wir die Kitasozialarbeit in Coerde, einem
Stadtteil mit hoher Einkommensarmut und Arbeitslosigkeit, eingerichtet. Unser
Ziel ist es, auch in anderen, ähnlich gelagerten Stadtteilen die
Kitasozialarbeit zu etablieren.
Eine große Veränderung für die Kitas wird die Inklusion von Kindern mit
Behinderung in die Betreuung in den nächsten Jahren. Damit alle Kinder – ob mit
oder ohne Behinderung – die gleichen Bildungs- und Entwicklungschancen genießen
können, werden wir mit den Trägern, dem Jugendamt und den Fachkräften diese
Veränderung aktiv und positiv gestalten.
Ein Betreuungsplatz ermöglicht Eltern – in den meisten Fällen leider immer noch
Müttern – eine gleichberechtigte Berufstätigkeit und kann damit Altersarmut
vorbeugen. Nicht nur aus diesem Grund besteht für Eltern der Rechtsanspruch auf
einen Kita-Platz und ab dem Schuljahr 2026/2027 auch ein Anspruch auf einen
Platz im Offenen Ganztag.
Um den Weg zu einem Kita-Platz für Eltern so einfach wie möglich zu gestalten,
werden wir den Kita-Navigator weiter verbessern. Unsere Ziele sind dabei eine
für die Eltern nachvollziehbare Platzzuweisung und transparente sowie aktuelle
Darstellung aller vorhandenen Betreuungsplätze. Der Jugendamtselternbeirat wird
an diesem Prozess weiterhin beteiligt und stellt ein wichtiges Scharnier
zwischen der Verwaltung, Politik und den Eltern dar.
Auf die Erhebung von Elternbeiträgen für einen Kita-Platz oder OGS-Platz werden
wir ohne entsprechende Kompensationen in Millionenhöhe durch das Land oder den
Bund nicht verzichten können. Wir werden aber – wie in der Vergangenheit – jeden
durch Elternbeiträge eingenommenen Euro weiterhin in die Qualitätssicherung und
Weiterentwicklung der Kinderbetreuung investieren. Wir werden die
Elternbeitragstabellen so überarbeiten, dass die unteren Einkommensstufen weiter
entlastet und Familien mit besonders hohen Einkommen zukünftig stärker an der
Finanzierung beteiligt werden. Dadurch schaffen wir ein gerechteres
Beitragssystem, in dem alle einen ihrem Einkommen angemessenen Beitrag leisten.
Die Erhebung und den Einzug der Elternbeiträge werden wir zusätzlich
vereinfachen und ressourceneffizienter gestalten.
Die Jugendhilfe muss sich mehr denn je an gesellschaftliche Veränderungen
anpassen: gesetzliche Änderungen, steigende Bedarfe, herausfordernde Fälle – und
das alles in einer Zeit, in der Fachkräfte fehlen und der kommunale Haushalt zum
Sparen auffordert. Wir sind uns dessen bewusst und werden konstruktiv mit dem
Jugendamt und den Trägern zusammenarbeiten. Es ist für uns keine Option,
Angebote pauschal und ersatzlos zu streichen. Grüne Familienpolitik folgt dem
Grundsatz, dass jeder Euro, den wir heute in das sichere Großwerden der Kinder
und Jugendlichen und die frühe Unterstützung der Familien investieren, später
mehrere hundert Euro einsparen wird. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, werden
wir die bisherigen Schwerpunkte Kita und Offener Ganztag des Unterausschusses
Jugendhilfe und Fachkräfte um weitere Arbeitsfelder erweitern.
Mit der Reform des Achten Sozialgesetzbuches (SGB VIII), welches sämtliche
Leistungen der Jugendhilfe regelt, wird es zunehmend kommunale Aufgabe, auch
Kinder und Jugendliche mit Behinderung gleichberechtigt zu fördern und ihnen
Unterstützung in allen Lebenslagen anzubieten. Auf dem Weg dorthin werden wir
eine starke Kooperation zwischen den Institutionen sowie der freien und
öffentlichen Jugendhilfe schaffen, die Fachkräfte stärken und nicht zuletzt
Bewusstsein und Aufklärung für diese wichtige Aufgabe fördern.
Wenn die vorhandenen Ressourcen nicht ausreichend sind, muss über neue Wege
nachgedacht werden. Dem wachsenden Bedarf an Schulbegleitungen werden wir
verstärkt durch Pool-Lösungen begegnen. Dadurch werden wir nicht nur mehr Kinder
im Schulalltag begleiten, sondern dabei auch noch schneller werden können. Bis
wir die Bewilligungsstrukturen für Schulbegleitungen und Integrationskräfte
beschleunigt haben, können auch Kinder, deren Begleitung noch nicht bewilligt
wurde, vom flexiblen Einsatz einer Pool-Lösung profitieren.
In Zukunft werden wir stärker den Prinzipien der Sozialraumorientierung folgen,
damit die Träger Synergien und vorhandene Ressourcen nutzen und diese
bedarfsgerecht und flexibel einsetzen können. Insbesondere in der schulnahen
Jugendhilfe werden wir auf einen Träger pro Schulstandort und bestenfalls pro
Quartier setzen, damit unnötige Doppelstrukturen vermieden und der Arbeitsplatz
Schule für Sozial- und Erziehungsberufe attraktiver werden kann.
Gerade im Bereich der Hilfen zur Erziehung sind die Kosten in den letzten Jahren
gestiegen. Der Grund dafür liegt in zunehmend zeitintensiveren und komplexeren
Fällen, die die Träger und das Jugendamt vor wachsende Herausforderungen
stellen. Wir werden die Jugendhilfe dabei unterstützen und erkennen gleichzeitig
die Notwendigkeit, präventive Angebote zu stärken. Ob schon bei der
Schwangerschaftsberatung oder bei den frühen Hilfen: Je früher
Entwicklungsdefizite bei Kindern oder Problemlagen in Familien erkannt werden,
desto größer sind die Chancen, später auf kostenintensive Hilfen verzichten zu
können.
Die Strukturen im Bereich des Kinderschutzes haben wir in den zurückliegenden
Jahren stetig verbessert und den Runden Tisch gegen sexualisierte Gewalt in das
Netzwerk Kinderschutz überführt. Die Schnittstellen zwischen medizinischem
Kinderschutz, Justiz und Polizei, dem Jugend- und Gesundheitsamt, Schulen,
Beratungsstellen und weiteren Trägern werden wir weiter optimieren und die
Arbeit des Netzwerks Kinderschutz begleiten. Dabei werden wir einen besonderen
Schwerpunkt darauf legen, dass der Dialog und die Weiterentwicklung an die
Bereiche herangetragen werden, wo mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet wird,
damit die Jüngsten unserer Gesellschaft immer und überall bestmöglich geschützt
sind. Die von der Landesregierung vorgesehene Errichtung eines Childhood-Hauses
in jedem Oberlandesgerichtsbezirk begrüßen wir und sehen Münster mit dem
hiesigen Universitätsklinikum als geeigneten Standort für eine solche
Einrichtung.
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