Diese Zeilen widersprechen Grüner Asylpolitik und sogar dem Absatz davor.
Kapitel: | D – Was Freiheit schützt |
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Antragsteller*in: | Raimund Köhn |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 15.10.2023, 17:49 |
Kapitel: | D – Was Freiheit schützt |
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Antragsteller*in: | Raimund Köhn |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 15.10.2023, 17:49 |
Ein gemeinsamer Schengen-Raum braucht kontrollierte Außengrenzen. Denn für die Freiheit und Sicherheit im Inneren müssen wir zuverlässig wissen und kontrollieren können, wer nach Europa kommt.
Die Europäische Union (EU) ist ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und der Demokratie. Die
Europäer*innen haben sie auf den Ruinen von Krieg und Unterdrückung errichtet. Heute
garantiert sie, dass wir ohne Grenzkontrollen reisen können, wo uns früher Stacheldraht,
Mauern und Schlagbäume trennten. Sie sorgt dafür, dass Meinungsfreiheit gilt, wo noch vor
wenigen Jahrzehnten Diktatoren herrschten. Sie schützt den Rechtsstaat. Sie garantiert, dass
alle Europäer*innen ihre Regierungen frei wählen können – von der Gemeindeebene bis nach
Brüssel.
Das Europa, das wir weiter prägen wollen, bietet Sicherheit und Schutz, führt zusammen und
bindet ein. Unterschiede nämlich nicht nur auszuhalten, sondern als Chance zu begreifen;
Brücken zu bauen über Grenzen und Gräben hinweg; das verbindende Element zu suchen, statt
das Trennende tatenlos hinzunehmen: Nichts anderes ist Gründungsgedanke der EU.
Sicherheit und Schutz aber brauchen Organe, die sie schaffen und erhalten. Sie wollen wir
stärken. Extremismus, Desinformation und Kriminalität machen vor nationalen Grenzen nicht
Halt, im Gegenteil: Gerade in den vergangenen Jahren haben wir erlebt, wie autoritäre
Staaten unsere freie Gesellschaft angreifen. Die EU ist in der Verantwortung, durch
Koordination und starke eigene Institutionen den Schutz zu bieten, den die Bürger*innen zu
Recht erwarten – zumal diese Erlebbarkeit von Sicherheit und staatlicher Verlässlichkeit das
Vertrauen in den demokratischen Staatenverbund der EU unmittelbar steigert.
Die Entwicklung der EU ist eine Entwicklung zu einem immer engeren Bündnis. Das ist gut,
denn wir brauchen das Gewicht und die Fähigkeiten der EU, um viele der drängenden Probleme
unserer Zeit zu lösen. Wie wir das tun, müssen wir in einem demokratischen Prozess
bestimmen. Im Zentrum davon steht das Europäische Parlament, dessen Rechte wir erweitern
wollen. So schaffen wir die Grundlage für eine föderale europäische Republik mit einer
eigenen Verfassung. Auch wenn Entscheidungsprozesse in Europa zuweilen mühsam und langwierig
sind, so stellen sie doch einen großen Wert da: Sie ersetzen die Gewehrkugel, die nicht mit
sich reden lässt, mit der Kraft des Wortes und der Diskussion. Dabei steht am Ende oft ein
Kompromiss, der zwar nicht jede und jeden vollends zufriedenstellt, aber alle weiterbringt.
Dafür stehen wir ein.
Denn der Zuwachs an Freiheit, Sicherheit und Demokratie, für den die europäische Einigung
seit dem Zweiten Weltkrieg gesorgt hat, dürfte in der Weltgeschichte seinesgleichen suchen.
Nicht ohne Grund ist die EU das Zielobjekt von Extremist*innen aller Art: Wer meint, dass
Frauen nicht die gleichen Rechte haben sollten wie Männer, wer freie Medien mundtot machen
will, wer seine Interessen durch Desinformation und Hetze durchsetzen will – für den ist die
EU ein Dorn im Auge.
Wir finden: gut so.
Wir wollen die EU in ihrer Fähigkeit stärken, die Rechte und Freiheiten derer zu schützen,
die hier leben. Unser Credo: Wir schützen unsere Freiheit am besten, wenn wir sie ausbauen.
Wir wollen die europäische Demokratie stärken, damit die besten Ideen in einen fairen
Wettstreit um die Zukunft unseres Kontinents treten können. Wir wollen die
Rechtsstaatlichkeit ausbauen, die allen Bürger*innen Sicherheit und gleiche Rechte bietet.
Wir wollen eine EU, die für ihre Bürger*innen arbeitet. Wir wollen, dass diese über das
Europäische Parlament noch klarer den Kurs mitbestimmen können. Und wir wollen, dass die EU
auch im Inneren, etwa gegenüber Regierungen wie der ungarischen von Viktor Orbán, die nötige
Durchsetzungskraft beweist: Wer gegen die Grundwerte der EU verstößt, sollte nicht
gleichzeitig uneingeschränkt von ihren Privilegien profitieren können.
Die Möglichkeit zur gleichberechtigten Teilhabe aller ist einer dieser Grundwerte – und eine
Grundvoraussetzung für unseren Zusammenhalt. Das gilt nicht zuletzt für die Rechte von
Frauen. Solange die Hälfte der Bevölkerung in vielen Lebensbereichen benachteiligt ist,
solange ist unsere Demokratie nicht vollständig. Autoritäre Kräfte innerhalb und außerhalb
Europas stellen unseren Zusammenhalt indes infrage, indem sie einzelne Gruppen zum Feindbild
erklären. Das schwächt uns alle und droht unseren Kontinent zu spalten. Dem treten wir
entschieden entgegen. Ein vielfältiges Europa ist ein starkes Europa: Es sorgt dafür, dass
alle beitragen und teilhaben können. Wir stehen fest an der Seite all jener, die ausgegrenzt
und diskriminiert werden. Und weil wir die EU als Vorreiterin einer wertegeleiteten
Digitalisierung sehen, wollen wir Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auch im Netz sichern.
Die EU ist stark, wenn sie im Kern ein Wertebündnis ist. Diese Werte müssen dabei
glaubwürdig gelebt werden. Das gilt nicht zuletzt im Umgang mit Menschen, die nach Europa
kommen wollen – oder müssen. Das Sterben im Mittelmeer und die Lage an den europäischen
Außengrenzen sind unhaltbar. Wir stehen für Humanität und Ordnung im Umgang mit Geflüchteten
und Migrant*innen. Wir wollen Schutz bieten und zugleich Einwanderung so gestalten, dass
diejenigen, die als Informatikerinnen oder Krankenpfleger, als Studentinnen oder Erntehelfer
zum Erfolg unserer Gemeinschaft beitragen wollen, diesen Beitrag auch leisten können.
In Vielfalt geeint, so lautet das Motto der EU. Gemeinschaft soll sie sein, Gemeinschaft
soll sie bleiben – über alle Unterschiede und Herausforderungen hinweg. Wir setzen uns ein
für eine EU, die sich als Motor für ein immer engeres Zusammenwachsen unseres Kontinents
versteht. Für einen Kontinent, in dem die Menschen in Freiheit und unter demokratischen
Werten sicher leben. Für eine EU, die ein Zuhause bietet. Dieses Europa wollen wir sein.
Die Achtung von Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit
einschließlich der Rechte von Minderheiten bilden das Fundament der EU. Wenn Regierungen in
Mitgliedstaaten diese Wertebasis systematisch aushöhlen, indem sie die Unabhängigkeit der
Justiz – die erste Wächterin des Rechtsstaats – aushebeln, Freiräume der Opposition und
Zivilgesellschaft beschneiden, eine freie Presse bekämpfen, Minderheiten- und LGBTIQ*-Rechte
einschränken, das Recht auf Asyl verweigern oder Korruption Tür und Tor öffnen, schwächen
sie die EU. Deshalb ist es unverzichtbar, dass die bestehenden Rechtsstaatsinstrumente
konsequenter und schneller genutzt und weiterentwickelt werden.
Die Grundrechtecharta, das Grundgesetz der EU, wollen wir zum Schutzschirm für Europas
Bürger*innen machen. Da sich ihre Anwendung auf die Durchführung von EU-Recht durch die EU-
Organe beschränkt, ist ihre Schutzwirkung bislang beschränkt. Das wollen wir ändern: Sie
soll auch für das Handeln der Mitgliedstaaten gelten und einklagbar werden. Wenn eine
Regierung die Grundrechte ihrer Bürger*innen verletzt, soll sie dafür auch auf europäischer
Ebene belangt werden können. Auch die Durchsetzbarkeit der Urteile des Europäischen
Menschenrechtsgerichtshofs, der über die Einhaltung der Europäischen
Menschenrechtskonvention wacht, wollen wir innerhalb der EU stärken.
Dem bestehenden Rechtsstaatscheck und dem Rechtsstaatsdialog, mit denen die Lage der
Rechtsstaatlichkeit in allen Mitgliedstaaten durchleuchtet wird, wollen wir mehr Gewicht
verleihen. Wir sorgen dafür, dass besonders der Freiraum für die Zivilgesellschaft gezielter
bemessen und geschützt wird. Um den Reformdruck zu erhöhen, setzen wir auf verbindliche
Reformvereinbarungen zwischen der EU und den Mitgliedstaaten, die perspektivisch
sanktionsbewehrt werden müssen. Öffentliche Debatten hierzu im Europäischen Parlament müssen
zur Regel werden und in die Bewertungen einfließen. Das Rechtsstaatsverfahren nach Artikel
7, das in einem mehrstufigen Verfahren zum Beispiel zum Entzug des Stimmrechts führen kann,
soll wieder nutzbar gemacht werden. Das soll dadurch geschehen, dass die Mitgliedstaaten im
Europäischen Rat in allen Phasen des Verfahrens nicht mehr mit Konsens, sondern mit
qualifizierter Mehrheit abstimmen.
Die Auszahlung von EU-Mitteln soll an die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit, demokratischer
Prinzipien und der Grundrechte geknüpft werden. Um den Missbrauch europäischer Steuergelder
etwa durch systematische Korruption, Günstlings- und Vetternwirtschaft zugunsten bestimmter
Parteien wirksam zu stoppen, darf die Überprüfung nicht allein stehen bleiben. Auch eine
wirksame Gewaltenteilung und die umfängliche Gewährung der Grundrechte sind entscheidend.
Deshalb erweitern wir den Haushaltsmechanismus auf die Einhaltung der Grundrechtecharta. Das
heißt: Bei Verstößen müssen EU-Gelder anteilig und gegebenenfalls stufenweise eingefroren
werden.
Für eine Stärkung unserer gemeinsamen Werte setzen wir auf eine zwischen Rat, Kommission und
Europäischem Parlament besser abgestimmte, sich gegenseitig verstärkende Anwendung aller
Rechtsstaatsinstrumente. Die jeweiligen Erkenntnisse führen wir zu einer gemeinsamen
Bewertungsgrundlage zusammen. Um einen regelmäßigen Charta-Check zu garantieren, den alle
Mitgliedstaaten akzeptieren, schaffen wir eine unabhängige Expert*innen-Kommission, die die
EU-Kommission unterstützt. Wollen Mitgliedstaaten künftig EU-Fördermittel erhalten, müssen
sie sich verpflichten, mit der europäischen Staatsanwaltschaft zu kooperieren. Bei
Mittelkürzungen dürfen am Ende aber nicht die Menschen in den Kommunen die Leidtragenden
sein, weil sich korrupte Regierungen aus ihrer finanziellen Verantwortung stehlen und lieber
mit dem Finger nach Brüssel zeigen. Daher prüfen wir, wie Kommunen direkt unterstützt werden
können.
Die Stärkung der EU muss mit ihrer weiteren Demokratisierung und mehr Bürgernähe
einhergehen. Dazu wollen wir das direkt gewählte Europäische Parlament weiter stärken. Das
Parlament soll dem Rat gesetzgeberisch in allen Politikfeldern gleichgestellt sein und wie
jedes Parlament gleichberechtigt Gesetze beschließen, etwa in der Steuer- oder
Sicherheitspolitik. Es soll ein vollwertiges Initiativrecht erhalten, damit es eigenständig
Gesetze auf den Weg bringen kann. Wir wollen sein Recht ausbauen, Untersuchungsausschüsse
einzuberufen und Zeug*innen vorzuladen. Außerdem soll es die Kommission auf Vorschlag der
Kommissionspräsidentin bzw. des Kommissionspräsidenten wählen und im Notfall wieder
entlassen können.
Für mehr demokratische Legitimierung der Entscheidungen auf EU-Ebene braucht es mehr
Transparenz im Europäischen Rat und in den Ministerräten. Die Debatten und die Positionen
der einzelnen Mitgliedsländer sollen nachvollziehbarer gemacht werden.
Unsere Vision ist die Föderale Europäische Republik mit einer europäischen Verfassung. Das
Parlament soll in einem Zweikammersystem zusammen mit dem Rat ein gleichberechtigter Teil
der gesetzgebenden Gewalt werden.
Um die Europawahlen europäischer und demokratischer zu machen, wollen wir, dass alle
Parteien Spitzenkandidat*innen nominieren. Aus deren Reihen wiederum wählt das Europäische
Parlament den nächsten Präsidenten bzw. die nächste Präsidentin der Kommission. Zudem sind
bei der Europawahl bislang nur Kandidat*innen aus dem jeweils eigenen Land wählbar. Das
wollen wir im Sinne eines grenzüberschreitenden Wahlkampfs ändern. Ein Teil der Abgeordneten
soll zukünftig nicht mehr allein über die nationalen Listen, sondern über europäische
transnationale Listen bestimmt werden.
Junge Menschen mischen sich ein und wollen Europa mitgestalten. Deshalb war die Einführung
des Wahlrechts ab 16 Jahren in Deutschland für die Europawahl ein großer Erfolg.
Ergänzend zur demokratischen Vertretung der Bürger*innen im Europäischen Parlament wollen
wir mehr direkte Teilhabe auch auf EU-Ebene ermöglichen.
Mit dem Europäischen Bürger*innenforum können europäische Bürger*innen, die nach dem
Zufallsprinzip aus der gesamten Bevölkerung der EU ausgelost werden, in einem Bürger*innen-
Gutachten konkrete Handlungsvorschläge formulieren. Das war das Prinzip der Europäischen
Zukunftskonferenz. Wir wollen dieses Instrument fest verankern.
Die Europäische Bürgerinitiative (EBI), bei der Bürger*innen direkt ein Thema auf die
Tagesordnung der europäischen Politik setzen können, wollen wir erweitern, verbindlicher und
bekannter machen. Einer erfolgreichen EBI muss zwingend innerhalb eines Jahres ein
Gesetzesvorschlag der Europäischen Kommission folgen und dem Europäischen Parlament sowie
dem Rat zur Abstimmung vorgelegt werden. Die Initiator*innen einer EBI sollen als
Zwischenschritt auch ein Europäisches Bürger*innenforum einberufen können.
Angesichts der vielfältigen Herausforderungen sind wir auf eine handlungsfähige EU
angewiesen. Deshalb wollen wir zum einen mit der Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen
Entscheidungen schneller ermöglichen. Wo bisher noch Einstimmigkeit zwischen den Staaten
erforderlich war und Entscheidungen deshalb leicht blockiert werden konnten, soll in Zukunft
mit qualifizierter Mehrheit abgestimmt werden. Dabei ist es wichtig, dass die Interessen
kleinerer Mitgliedstaaten weiterhin Gehör finden.
Zum anderen wollen wir die in den Verträgen vorgesehene Klausel der Verstärkten
Zusammenarbeit (Passerelle-Klausel) besser nutzen. Sie erlaubt es einer Gruppe von
mindestens neun EU-Mitgliedstaaten, in ausgewählten Politikfeldern enger zu kooperieren und
gemeinsam Projekte anzustoßen. Damit können sie schneller wichtige Projekte auf den Weg
bringen. Wichtig für uns: Dabei soll das Europäische Parlament einbezogen werden – und alle
anderen Mitgliedsländer sollen sich auch zu einem späteren Zeitpunkt anschließen können.
Einige der Reformen sind ohne Vertragsänderung möglich. Sie sollen zügig und zeitnah in die
Realität umgesetzt werden. Eine Reihe der Reformvorschläge, für die wir eintreten, bedarf
einer Vertragsänderung. Dafür wollen wir einen Konvent unter der Einbeziehung von EU-
Bürger*innen einberufen. Dieser soll die Empfehlung der wegweisenden Konferenz zur Zukunft
der EU einbeziehen. Hier waren Bürger*innen maßgeblich an der Formulierung von neuen
Perspektiven für die EU beteiligt.
Demokratie lebt vom Vertrauen der Bürger*innen, jeder Anschein käuflicher Politik richtet
Schaden an. Wir sorgen deshalb für mehr Transparenz im Europäischen Parlament, in der
Kommission und im Rat, um die Glaubwürdigkeit demokratischer Prozesse und das Vertrauen in
die EU zu stärken. Wir machen Lobbyinteressen und Interessenskonflikte für alle sichtbar.
Mit dem Korruptionsskandal einzelner Europaabgeordneter aus dem Jahr 2022 ist das
dringlicher denn je.
Den Verhaltenskodex des Europäischen Parlaments stellen wir endlich scharf. Bei Verstößen
müssen finanzielle Strafen auf dem Fuße folgen. Mit einem für alle EU-Institutionen, auch
den Rat, verbindlichen Lobbyregister legen wir auf allen politischen Ebenen offen, wer in
den Institutionen ein- und ausgeht. Diejenigen, die auf die Gesetzgebung Einfluss ausüben,
machen wir durch einen „legislativen Fußabdruck“ sichtbar, der umfassend nachvollziehbar
macht, welche Positionen im Gesetzgebungsprozess eingebracht wurden.
Wir beenden die unwirksame reine Selbstkontrolle und schalten eine unabhängige Ethikbehörde
ein, die für alle EU-Institutionen die Regeln zur Lobbykontrolle durchsetzt. Beim Wechsel
zwischen Politik und Wirtschaft sorgen wir für klare Karenzzeitregeln, die an
Übergangszahlungen angepasst sind, und für deren Kontrolle.
Mit einer EU-weiten Datenbank, die politische Onlinewerbung sowie ihre Auftrag- und
Geldgeber*innen transparent erfasst und digitaler Wahlkampfwerbung bei der Nutzung
persönlicher Daten klare Schranken setzt, garantieren wir mehr Fairness im demokratischen
Wettbewerb und mehr Schutz gegen Desinformation und Onlinehass.
Frauen und Mädchen sollen in der gesamten EU gleichgestellt und selbstbestimmt leben können.
In Politik, Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft – überall gibt es noch viel zu
tun. Oft war Europa die Vorreiterin für Frauenrechte und Gleichstellung der Geschlechter.
Doch rechte und rechtskonservative Kräfte in vielen Ländern nehmen unsere Errungenschaften
ins Visier. Sie versuchen durch eine rückwärtsgewandte Familienpolitik, Frauen aus dem
Arbeitsmarkt zu drängen. Reproduktive Rechte, besonders das Recht auf
Schwangerschaftsabbruch, werden offen infrage gestellt, Errungenschaften im Kampf gegen
Gewalt an Frauen werden zurückgedrängt. Dem stellen wir uns mit aller Macht entgegen.
Unser Ziel ist es, dass die EU eine Garantin für Geschlechtergerechtigkeit auf unserem
Kontinent bleibt. Geschlechtergerechtigkeit soll sich durch alle Politikbereiche der Union
ziehen. Deshalb wollen wir das EIGE (European Institute for Gender Equality) stärken und
ausbauen.
Die Gender-Equality-Strategie der EU-Kommission, die 2025 ausläuft, muss zügig und
umfangreich evaluiert werden. Auf Grundlage dieser Ergebnisse werden wir in der kommenden
Legislatur einen ambitionierten Plan erstellen, um mit großen Schritten in Sachen
Gleichberechtigung voranzukommen.
Alle Menschen müssen selbst über ihren Körper und ihr Leben entscheiden können. Wir wollen
auch deswegen, dass die EU die Selbstbestimmungsrechte von Frauen und Mädchen stärkt. Dazu
gehört, dass die reproduktive Gesundheit und das Recht auf körperliche Selbstbestimmung
sowie selbstbestimmte Familienplanung für alle sichergestellt sind. Wir wollen den
uneingeschränkten Zugang zu Verhütungsmitteln stärken. Eine professionelle Beratung zur
Familienplanung ist die Grundlage für selbstbestimmte Entscheidungen. Sie muss breit in der
EU verfügbar sein. Die Initiative, das Recht auf Schwangerschaftsabbruch in der EU-
Grundrechtecharta zu verankern, unterstützen wir.
Alle profitieren davon, wenn Frauen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Als
Ingenieurinnen, Erzieherinnen, Ärztinnen und in unzähligen weiteren Berufen schaffen sie
Wohlstand – für Europa und für sich: Denn eine faire Beteiligung am Arbeitsmarkt hilft
Frauen, ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern und zum Beispiel Altersarmut zu
vermeiden. Um dieses Ziel zu erreichen, wollen wir auch politisch den Weg ebnen.
Der Gender-Pay-Gap, also die Lücke zwischen den Löhnen von Männern und denen von Frauen,
klafft in allen EU-Ländern. Im Durchschnitt liegt er bei 12,1 Prozent, in Deutschland sogar
bei circa 18 Prozent. Deshalb war die Verabschiedung der Lohntransparenzrichtlinie ein
großer Erfolg. Sie schafft mehr Transparenz durch Auskunftsansprüche und Berichte,
Entschädigungsansprüche bei geschlechtsspezifischer Lohndiskriminierung und stärkt so die
Rechte der Arbeitnehmerinnen. Wir setzen uns mit aller Kraft dafür ein, dass diese
Richtlinie auch in den Mitgliedstaaten konsequent umgesetzt wird. Und natürlich müssen
sogenannte Sorge- und Care-Berufe, die hauptsächlich von Frauen ausgeübt werden, durch
bessere Arbeitsbedingungen und Bezahlung aufgewertet sowie die gerechtere Verteilung von
bezahlter Arbeit und unbezahlter Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern verbessert werden.
Um für Frauen die gleichen Zugangs- und Aufstiegschancen auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen
und die Geschlechtergerechtigkeit zu erhöhen, wurde vom Europäischen Rat eine
Vereinbarkeitsrichtlinie erlassen. Diese soll es Eltern partnerschaftlich ermöglichen,
Berufs- und Privatleben miteinander zu vereinbaren. Mit der Familienstartzeit, die
Partner*innen nach der Geburt eine 14-tägige berufliche Freistellung ermöglicht, wird die
Bundesregierung hier einen weiteren Schritt zur Erfüllung tun und Paare bei der
partnerschaftlichen Arbeitsteilung unterstützen. Eine gute und partnerschaftliche
Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist eine effektive Maßnahme, um dem existierenden
Fachkräftemangel durch eine höhere Erwerbsquote von Frauen entgegenzuwirken. Denn: Viele
Frauen möchten gern mehr arbeiten und immer mehr Männer wünschen sich, Familienaufgaben
paritätisch aufzuteilen – die Bedingungen lassen es aber nicht zu.
Besonders auffällig ist der geringe Anteil von Frauen in allen Bereichen der sogenannten
MINT-Berufe und den entsprechenden Studiengängen. Das gilt für ganz Europa. Angesichts des
Arbeits- und Fachkräftemangels ist es geradezu fahrlässig, auf dieses Potenzial zu
verzichten. Entsprechend wollen wir das Arbeitskräfteangebot für den MINT-Bereich
verbessern. Auf EU-Ebene fordern wir deshalb bessere Finanzierungsmöglichkeiten für Darlehen
und Eigenkapitalfinanzierungen für junge Unternehmerinnen und Innovatorinnen durch EU-Fonds
und Programme sowie die Erleichterung des Zugangs von Frauen zu bestehenden Fonds, aber auch
zu gut bezahlten Arbeitsplätzen.
Wir wollen ein Europa, das Schutz und Unterstützung für alle Opfer von geschlechtsbasierter
Gewalt bietet. Wir setzen uns dafür ein, dass Gewalt gegen Frauen verhindert bzw. verfolgt
und verurteilt wird. Ein wichtiger Baustein dafür ist die finanzielle Unabhängigkeit von
Frauen, da sie die Trennung von gewalttätigen Partnern erleichtert und somit eine wichtige
Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben ist. Die Istanbul-Konvention ist das erste
Instrument in Europa, das rechtsverbindliche Standards speziell zur Bekämpfung von Gewalt
gegen Frauen und häuslicher Gewalt festlegt. Endlich wurden durch die Initiative der
Bundesregierung auch in Deutschland sämtliche Vorbehalte zurückgenommen. Bis heute aber
haben sechs Mitgliedstaaten – Bulgarien, die Tschechische Republik, Ungarn, Lettland,
Litauen und die Slowakei – diese Konvention noch nicht ratifiziert. Deshalb ist es ein
großer Erfolg, dass die EU selbst umfassend und ohne Ausnahmen der Istanbul-Konvention
beigetreten ist. Wir wollen, dass alle Leistungen der Mitgliedstaaten zum Schutz von Frauen
mindestens den Verpflichtungen aus der Istanbul-Konvention und ihrem erläuternden Bericht
entsprechen – einschließlich der Standards für Unterkünfte, Betreuungsstellen für Opfer
sowie Notrufstellen. Nun muss auch die ergänzende neue EU-Richtlinie zur Bekämpfung von
Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt zügig verabschiedet und umgesetzt werden.
Menschenhandel ist eine schwere Straftat und Menschenrechtsverletzung, die wir durch ein
gemeinsames europäisches Vorgehen konsequent bekämpfen müssen. Die verbreitetste Form des
Menschenhandels in der EU geschieht zum Zweck der sexuellen Ausbeutung. Betroffene werden
gezwungen, unter menschenunwürdigen Bedingungen in der Prostitution zu arbeiten. Mehr als
die Hälfte der Opfer von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in der EU sind
EU-Bürger*innen, überwiegend Frauen und Mädchen.
Wir wollen die internationale Zusammenarbeit bei der Prävention, Strafverfolgung und zum
Schutz der Betroffenen entlang der bereits bestehenden Vereinbarungen stärken. Darüber
hinaus machen wir uns bei der anstehenden Überarbeitung der EU-Opferschutz-Richtlinie dafür
stark, dass alle Opfer von Straftaten besser geschützt werden. Wir wollen den Zugang zu
Informationen über Opferrechte stärken sowie eine gute Koordination zwischen den
Mitgliedstaaten, öffentlichen Stellen und den Justizbehörden sicherstellen. Dabei muss der
Opferschutz im Zentrum des Handelns stehen. Opfer von Menschenhandel einfach abzuschieben,
ist falsch. Stattdessen würden ihre Anzeige- und Aussagebereitschaft durch Schutzprogramme
und dauerhafte Bleiberechte erhöht und die Strafverfolgung der Täter*innen erleichtert.
Solange Frauen in Schlüsselbereichen von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft nicht
angemessen vertreten sind, ist die Demokratie nicht vollständig. Auch in Europa müssen wir
immer noch mit der Lupe suchen, um Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen zu finden. Wir
begrüßen, dass die Richtlinie zu Führungspositionen nun endlich in Kraft treten konnte. Denn
verbindliche Quoten sind ein effektives Mittel, um Führungsgremien in Wirtschaft und Politik
geschlechtergerecht zu besetzen, auch in den Institutionen der EU selbst. Auch die
Kommission selbst soll geschlechterparitätisch besetzt werden.
Um die finanzielle Macht in Europa geschlechtergerechter zu gestalten, wollen wir ein
effektives Gender Budgeting und Gleichstellungschecks für den EU-Haushalt durchsetzen. Es
ist uns gelungen, künftige EU-Haushalte gerechter für alle Geschlechter aufzustellen: In der
neuen Haushaltsordnung ist nun festgeschrieben, dass die Vergabe von EU-Geldern nach
Geschlechtern transparent gemacht wird. Dadurch werden bestehende Ungerechtigkeiten bei der
Mittelverteilung sichtbar und können korrigiert werden. Zudem hat die Kommission eine
Methode zur Messung der Auswirkungen von Haushaltsmitteln auf die Gleichstellung entwickelt.
Diese muss aber in einigen Bereichen noch verbessert werden. Aufgrund der neuen Datenlage
muss der nächste Mehrjährige Finanzrahmen geschlechtergerecht gestaltet werden.
Europa zeichnet sich durch seine Vielfalt und das Miteinander verschiedener Menschen aus.
Queere Menschen, Menschen mit und ohne Behinderung, Atheist*innen und religiöse Menschen,
Junge und Alte bringen jeweils ihre Lebensperspektiven ein, gestalten unser Miteinander und
unsere Demokratie. Unsere pluralistische Demokratie ist stark, weil sie in Bürgerinitiativen
und Parteien, Vereinen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine lebendige
Zivilgesellschaft gestalten. Es ist Aufgabe der EU, diese Freiheitsrechte zu sichern.
Wir unterstützen deshalb die europäische Zivilgesellschaft dabei, sich selbst
grenzüberschreitend zu denken und zu organisieren. Im Europäischen Parlament haben wir
erfolgreich eine Initiative für ein europäisches Vereinsrecht auf den Weg gebracht. So
sorgen wir dafür, dass zivilgesellschaftliche Initiativen überall in Europa rechtlich
abgesichert arbeiten können.
Zivilgesellschaftliche Initiativen sind häufig die erste Anlaufstelle für Menschen, die
Diskriminierung und Gewalt erfahren. Damit sie Betroffene angemessen beraten können, wollen
wir die bestehenden Beratungsstrukturen weiter fördern und ausbauen.
Wir setzen uns dafür ein, dass Förderprogramme wie „Bürgerinnen und Bürger, Gleichstellung,
Rechte und Werte“ (CERV) angemessen ausgestattet werden. So fördern wir Initiativen und
Selbstvertretungsorganisationen, die sich für die Gleichberechtigung aller Menschen stark
machen und dort aktiv sind, wo Rechtsstaatlichkeit und Demokratie besonders unter Druck
stehen.
Religion und Glauben haben eine integrative Kraft in der Gesellschaft und sind Bestandteil
unserer Kulturen. Sie sind die Grundlage vieler Gemeinden und Einrichtungen, die zum
Zusammenhalt beitragen. Religionsfreiheit ist konstitutiv für eine vielfältige und freie
Gesellschaft. Menschen, die aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Weltanschauung verfolgt
werden, verdienen unseren Schutz. Wir wollen den interreligiösen Dialog vertiefen und
Gemeinden dabei unterstützen, Menschen verschiedenen Glaubens miteinander in Kontakt zu
bringen. Wir sind überzeugt, dass im gegenseitigen Respekt und im Dialog auf Augenhöhe unser
vielfältiges Europa gestärkt wird.
Sicherheit, das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Bürger*innen-Rechte gelten für alle
Menschen. Sie sind die Voraussetzung für ein Leben in Freiheit. Sie müssen unabhängig davon
gelten, woher ein Mensch kommt, wie er oder sie liebt, lebt oder glaubt. Ein Europa, das in
seiner Vielfalt zusammenhält und die Rechte jedes und jeder Einzelnen schützt, schafft
demokratischen Fortschritt, Teilhabe und Freiheit für alle. Um dieses Versprechen
einzulösen, muss die EU konsequent mit rechtlichen Maßnahmen gegen Diskriminierung vorgehen.
Noch immer ist Antisemitismus bis in die Mitte der europäischen Gesellschaft tief verwoben.
Jüdische Einrichtungen werden bedroht und angegriffen. Dem stellen wir uns entschlossen
entgegen. Dies gilt in besonderer Weise für uns als Deutschland und dem Versprechen „Nie
wieder!“, dem sich auch Europa nach dem Zweiten Weltkrieg und der Shoah verpflichtet hat. Es
ist die Aufgabe aller Mitgliedstaaten, die Sicherheit jüdischer Gemeinden zu gewährleisten
und sicherzustellen, dass Jüdinnen und Juden in Europa eine sichere Zukunft sehen. Wir
befürworten deshalb die Aufstockung der europäischen Gelder für Sicherheitsprojekte, um sie
dabei zu unterstützen. Als Europäer*innen ist es nicht nur unsere Aufgabe, Antisemitismus in
all seinen Formen entgegenzutreten, sondern auch jüdisches Leben in seiner Vielfalt sichtbar
zu machen und zu stärken. Um das Wissen über das jüdische Leben allgemein sowie Kontakte und
Erfahrungen mit jüdischen Menschen europaweit zu vermitteln, wollen wir politische und
kulturelle Bildungsangebote fördern.
Muslim*innen bilden die zweitgrößte Religionsgemeinschaft in Europa. Muslimisches Leben
gehört zu Europa und ist zugleich zur Zielscheibe von rechten und verschwörungsideologischen
Bewegungen geworden. Wir begrüßen es, dass die EU nach langer Zeit endlich die Stelle der
EU-Koordinatorin gegen Islamfeindlichkeit neu besetzt hat. Ihre Rolle wollen wir stärken.
Wir wollen, dass die Bekämpfung von Antiziganismus eine neue Priorität wird und sich dabei
von paternalistischen Ansätzen verabschiedet. Denn Menschen mit Romani-Hintergrund werden
beim Zugang zu Bildung, Gesundheit, Wohnen und Arbeit oft benachteiligt. Damit die
politische Teilhabe und der Einsatz gegen Antiziganismus gefördert werden, richten wir ein
europäisches Beratungsgremium ein. Diesem gehören unter anderem Expert*innen für Roma-
Politik, Selbstvertretungsorganisationen und lokale sowie regionale Gebietskörperschaften
an.
Menschen, die Diskriminierung erfahren, sei es durch öffentliche Institutionen, auf dem
Wohnungs- oder auf dem Arbeitsmarkt, dürfen nicht allein gelassen werden, sondern müssen
Recht und Gesetz auf ihrer Seite wissen. Die EU hat durch ihre Vorgaben den Schutz gegen
Diskriminierung bereits erheblich verbessert. Um das Schutzniveau zu vereinheitlichen und zu
stärken sowie Schutzlücken zu schließen, wollen wir, dass die 5.
Antidiskriminierungsrichtlinie endlich verabschiedet wird. Das Amt der bzw. des
Antirassismusbeauftragten der Europäischen Kommission soll gestärkt und über 2025 hinaus
besetzt werden. Wir unterstützen die Minority-SafePack-Initiative und wollen
Minderheitenrechte wie den Erhalt von Sprache, Kultur und Identität in der EU stärken.
Die Möglichkeit, sich frei zu entfalten und in der eigenen Individualität leben zu können,
ist ein Kern der europäischen Werte. Obwohl queere Menschen in den letzten Jahrzehnten viele
ihrer Rechte erfolgreich erkämpfen konnten, erleben wir, dass autoritäre Kräfte versuchen,
diese wieder zurückzudrehen. Nicht selten ist ein selbstbestimmtes Leben in Sicherheit für
lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, inter* und queere Menschen (LGBTIQ*) nicht möglich,
weil ihre Rechte eingeschränkt oder sie im Alltag angefeindet oder angegriffen werden.
Diesen Versuchen stellen wir uns klar entgegen, ganz egal aus welcher Motivation sie
geschehen oder von wem sie ausgehen.
Auf unsere Initiative hin hat das Europäische Parlament die EU zur „LGBTIQ* Freedom Zone“
erklärt. Wir setzen uns auf dieser Grundlage dafür ein, dass die EU-Kommission und der Rat
alle ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente – inklusive Vertragsverletzungsverfahren und
Sanktionen – nutzen, um das systematische Vorgehen von Regierungen gegen LGBTIQ*-Personen
sowie die Demontage von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu stoppen.
Familie ist dort, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen – ob mit zwei Müttern,
alleinerziehend oder Mutter und Vater. Landesgrenzen dürfen nicht darüber entscheiden, ob
Kinder mit ihren Eltern aufwachsen, denn das Recht auf Freizügigkeit muss auch für
Regenbogenfamilien ohne Wenn und Aber gelten. Wir streiten dafür, dass eine in einem EU-Land
begründete Elternschaft, eingetragene Partnerschaft oder gleichgeschlechtliche Ehe in der
gesamten Union anerkannt wird.
Die europäische Behindertenbewegung hat sich erfolgreich für ihr Recht auf Gleichstellung
und Teilhabe eingesetzt. Mit der Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention haben
sich die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, alle Barrieren abzubauen, die der Teilhabe am
politischen und gesellschaftlichen Leben im Weg stehen. Wir wollen dafür sorgen, dass die
inklusive Gesellschaft endlich in ganz Europa Wirklichkeit wird.
Um selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, wollen wir eine stärkere Förderung von
selbstständigem Wohnen, inklusivem Leben und Arbeiten. Dazu wollen wir unter anderem das
Werkstättensystem reformieren – denn sozialer Schutz und Mindestlöhne müssen auch für
Menschen mit Behinderung gelten.
Schlechte Nutzbarkeit von Webseiten, Stufen ohne Rampe, zu enge Türen – Menschen mit
Behinderung, aber auch ältere Menschen oder mobilitätseingeschränkte Personen erleben in
ihrem Alltag unterschiedliche Barrieren, die ihre Teilhabe am öffentlichen Leben
einschränken. Wir setzen uns dafür ein, dass die EU-Barrierefreiheitsrichtlinie, der
sogenannte European Accessibility Act (EAA), in allen Mitgliedstaaten – auch in Deutschland
– umgesetzt wird.
Um die europäische Freizügigkeit auch für Menschen mit Behinderung erlebbar zu machen,
wollen wir einen europäischen Schwerbehindertenausweis einführen, gegenseitige Anerkennung
nationaler Definitionen von Behinderung und barrierefreies Reisen durch ganz Europa
umsetzen. Dies gilt auch für die Inanspruchnahme von sozialen Leistungen.
Wenig eint Europa so sehr wie seine vielfältige, lebendige Kultur. Sie entsteht aus dem
Zusammenspiel von Traditionen des gesamten Kontinents mit Einflüssen von außen und der
beständigen Entwicklung neuer Ausdrucksformen. Kultur ist ein Wert an sich und zugleich ein
unverzichtbarer Teil der europäischen Demokratie, denn in ihr finden Austausch und
Zusammenleben über Grenzen hinweg auf verschiedenste Weise statt. Wir verteidigen deshalb
die freie Kunst und Kultur gegen staatliche Eingriffe, aber auch durch die Gestaltung einer
öffentlichen Förderung, die künstlerische Kreativität auch jenseits der Marktlogiken
ermöglicht.
Das Programm „Creative Europe“ wollen wir deshalb ausbauen und deutlich vereinfachen, um die
Zusammenarbeit und den Austausch von Künstler*innen und Kulturveranstalter*innen in ganz
Europa zu ermöglichen, nicht zuletzt auch dort, wo Vielfalt und Demokratie unter Druck
stehen. Es soll sich als Dienstleister für Kulturschaffende verstehen, der ansprechbar ist
sowie schnell und zielgerichtet unterstützt.
Das Ziel der Klimaneutralität betrifft in besonderem Maß die europäische Dimension der
Kultur, die von der Bewegung von Kulturgütern und Menschen lebt. Wir wollen daher im Rahmen
von Creative Europe ein Programm schaffen, in dem Beratung und Finanzierung für den Wandel
der europäischen Kulturzusammenarbeit hin zur Klimaneutralität gebündelt werden. Auch die
Idee des Neuen Europäischen Bauhauses, das einen interdisziplinären Ansatz für
klimaneutrales Bauen und Gestalten fördert, wollen wir partizipativ weiter ausbauen und als
eigene Mission in Horizont Europa verankern.
Im Programm der europäischen Kulturhauptstädte wird die Vielfalt unseres Kontinents erlebbar
und gefördert. Wir wollen dieses erfolgreiche Konzept fortführen, dabei aber die
Bewerbungsverfahren überprüfen und transparenter gestalten.
Zur europäischen Kultur gehört auch ihre gewachsene Struktur einer unabhängigen
Kulturwirtschaft mit kleinen und mittelständischen Unternehmen. Sie gestalten unter anderem
virtuelle Welten, Games, Filme oder Serien und sind wesentliche Treiberinnen von Innovation
und Wachstum – weit über ihren eigenen Sektor hinaus. Diese Strukturen wollen wir fördern
und gegen die Marktmacht der großen internationalen Plattformen schützen, etwa indem wir uns
in Handelsabkommen für die Aufrechterhaltung der kulturellen Ausnahme einsetzen.
Die Schaffenskraft von Künstler*innen und Kreativen ist die Grundlage für unsere lebendige
Kulturlandschaft. Angesichts technischer und gesellschaftlicher Veränderungen müssen sie
ihren Platz in der Verwertungskette der Kulturproduktion immer wieder neu behaupten. Das
gilt vor allem für die neuen Entwicklungen der Künstlichen Intelligenz (KI). Diese nutzt von
Menschen erdachte Bilder, Töne und Texte, um neue Inhalte zu erzeugen. Damit tritt sie in
Konkurrenz zu menschlichen Urheber*innen. Wir setzen uns daher für die Durchsetzung der
Rechte von Urheber*innen ein, zum Beispiel dafür, dass sie die Zustimmung zur Verwendung
ihres Materials auf der Grundlage des bestehenden Urheberrechts verweigern dürfen.
Urheber*innen wollen wir bei der fairen Vergütung ihrer Werke unterstützen. Urheber*innen
und auch andere Kulturschaffende wie Schauspieler*innen oder Musiker*innen müssen einen
Platz am Tisch haben, wenn über die Weichenstellungen der digitalisierten Kulturwelt
entschieden wird.
Durch eine Erweiterung des Erasmus-Programms auf Künstler*innen und Kreative wollen wir die
Mobilität und die europäische Perspektive von Kulturschaffenden weiter stärken. Für
Kulturschaffende, denen außerhalb der EU Verfolgung droht, wollen wir einen sicheren Hafen
und Unterstützungsmöglichkeiten anbieten.
Freie Medien sind eine unverzichtbare Grundlage für jede demokratische Öffentlichkeit. Auch
in Mitgliedstaaten der EU wird diese Grundlage heute angegriffen. Wir unterstützen deshalb
verbindliche Instrumente, um gegen die Einschränkung von Pressefreiheit – sei es in Form
offener Zensur, durch die Kontrolle und Zentralisierung von Verlagseigentum oder auf anderem
Weg – vorzugehen. Dabei gilt für uns auch hier, dass alle Kontrollmechanismen dem Grundsatz
der Staatsferne folgen müssen.
Private Medien in Print und Online werden auch durch die Marktmacht der Plattformen im
Wettbewerb um Werbeeinnahmen stark in ihrem Wirtschaftsmodell beeinträchtigt. Wir streben
deshalb an, durch geeignete Instrumente die Wettbewerbssituation für journalistische
Angebote besonders im Netz zu verbessern.
Der grenz- und sprachüberschreitende Raum der EU stellt für die Herausbildung einer
gemeinsamen Öffentlichkeit eine besondere Herausforderung dar. Deshalb setzen wir uns für
einen Ausbau transnationaler und mehrsprachiger Angebote des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks ein. Konkret wollen wir dazu zunächst den erfolgreichen Ansatz des Senders arte
ausbauen und ihn schrittweise zu einem gemeinsamen europäischen Angebot entwickeln. Darüber
hinaus setzen wir uns für die Vernetzung der Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
in Europa und für eine verbesserte Auffindbarkeit europäischer Kultur- und Medienangebote im
Netz ein. Wir wollen Förderung und Schutz für Exilmedien schaffen, damit die EU ein Raum des
freien Ausdrucks auch für Menschen aus Ländern sein kann, in denen die Presse- und
Meinungsfreiheit unterdrückt wird.
Die Erinnerung an vergangenes Unrecht gehört zu den Grundlagen aller Gesellschaften eines
Kontinents, der über Jahrhunderte von Gewalt und Kriegen gezeichnet war. Die EU als
Friedensprojekt hat die Aufgabe, diese Perspektiven zueinander in Beziehung zu setzen.
Erinnerung soll einen Beitrag zu Versöhnung und Verständigung leisten, nicht spalten. Dabei
ist es wichtig, eine multiperspektivische Erinnerungskultur zu fördern, die auch die
Geschichte von bisher zu Unrecht überhörten Gruppen mit in den Blick nimmt. Wir wollen mit
europäischen Mitteln Initiativen unterstützen, die sich der Aufgabe der Verständigung widmen
und beispielsweise auch in Osteuropa die sich historisch überlagernden Gewalterfahrungen
durch den Angriffskrieg Deutschlands sowie die Unterdrückung durch die Sowjetunion in ihrem
komplexen Erbe verständlich und nachvollziehbar machen. Bestrebungen nach einer Umdeutung
der Geschichte im Dienste nationalistischer Tendenzen treten wir entschieden entgegen.
Allen Versuchen, einen „Schlussstrich“ unter das Erinnern an die Verbrechen des
Nationalsozialismus und besonders der Shoah zu ziehen oder sie zu verharmlosen, stellen wir
uns klar entgegen. Sie sind mit den demokratischen Werten unvereinbar. Wir werden dies nicht
unbeantwortet lassen – nicht in Deutschland, nicht in Europa, nirgendwo.
Zum europäischen Erbe gehört auch die grausame Geschichte von Völkermord, Kolonialismus,
Versklavung und Ausbeutung in Afrika, Lateinamerika und Asien. Viele europäische Staaten
waren in diese Verbrechen verwickelt und profitieren teilweise noch heute von den damals
geschaffenen Abhängigkeiten. Deswegen wollen wir die Aufarbeitung der kolonialen Geschichte
in enger Zusammenarbeit mit den Nachkommen, mit Forscher*innen und zivilgesellschaftlichen
Initiativen aus ehemals kolonisierten Staaten auch auf europäischer Ebene vorantreiben. Dazu
gehört die Rückgabe beispielsweise von Raubkunst oder menschlichen Gebeinen.
Ob Amateurfußball oder Champions League, ob Fahrradausflug oder Tour de France – Sport steht
im Herzen von Europa. Er verbindet Menschen, schafft und vermittelt regionale Identitäten,
sorgt für Gesprächsstoff. Im Zentrum stehen die vielen Menschen, die sich ehrenamtlich in
Vereinen und Verbänden engagieren. Wir wollen Verbände stärken, die sich besonders für
gesellschaftlichen Zusammenhalt, Demokratie und Gleichberechtigung sowie gegen Ausgrenzung
und Hass stark machen. Europäische Fördermittel wollen wir für sie einfacher zugänglich
machen.
Sport kann nur dann eine Vorbildfunktion einnehmen und verbinden, wenn er fair und
transparent funktioniert. Betrug, Doping und Korruption stehen seinem Wesen diametral
entgegen. Wir wollen daher eine unabhängige europäische Agentur etablieren, die sich mit
NGOs, Anti-Korruptionsexpert*innen sowie internationalen Ermittler*innen für Transparenz,
Integrität und echte Rechenschaftspflichten um Korruptions- und Betrugsfälle im weltweiten
Sport kümmert.
Damit wollen wir Vertrauen wiederherstellen. Das ist auch eine Grundlage dafür, dass
internationale Sportgroßveranstaltungen in Europa weiter ihren Platz haben. Wenn sie mit
klaren und verlässlichen Standards für soziale und ökologische Fairness und Nachhaltigkeit
arbeiten, können sie damit weltweit einen Wettbewerbsvorteil erlangen und Zeichen setzen.
Wir setzen besonders auf eine grenzüberschreitende Ausrichtung von Sportereignissen. So
machen wir den europäischen Spitzensport gemeinsam erlebbar.
Wir wollen Sport gegen die Auswirkungen der Klimakrise resilient machen. Viele Sportarten
sind von einer intakten Natur abhängig, gleichzeitig verursacht der Sport Schäden. Wir
wollen durch ein europäisches Forschungsprogramm Wege aufzeigen, wie sich Europas
vielfältige Sportszene klimaneutral entwickeln kann.
Europa steht vor einem demografischen Wandel mit einer rasch alternden Bevölkerung und sucht
händeringend nach Fach- und Arbeitskräften. Um unseren Wohlstand zu sichern, müssen wir im
weltweiten Wettbewerb um schlaue Köpfe und fleißige Hände attraktiver werden und
Einwanderung modern gestalten. Statt bürokratischer und langwieriger Verfahren wollen wir
die Fach- und Arbeitskräfteeinwanderung mit EU-weiten gemeinsamen Rahmenregelungen fördern.
Hierzu zählt, die Anerkennung von Bildungsabschlüssen aus Drittstaaten einheitlich und
unbürokratisch zu gestalten.
Um qualifizierte Fachkräfte anzuwerben, wollen wir den EU-Talentpool weiter ausbauen. Dafür
braucht es in den europäischen Botschaften mehr Personal und eine Digitalisierungsoffensive,
damit Anträge schnell und auch digital gestellt werden können. Fach- und Arbeitskräfte
gewinnen wir aber nicht nur durch unbürokratische Verfahren. Wir wollen auch sicherstellen,
dass sich Migrant*innen durch eine gelebte Ankommens- und Willkommenskultur schnell bei uns
einleben und gern bei uns leben. Denn eine aktive Willkommenskultur macht uns auch als
Wirtschaftsstandort attraktiv. Dazu gehört es auch, Rassismus und Ausgrenzung
entgegenzutreten, die nicht zuletzt Europas Wohlstand schaden. Um Angebote für eine gute und
schnelle Integration vor Ort zu unterstützen, wollen wir den kommunalen Integrationsfonds
stärken und weiter ausbauen.
Wir wollen alle Arbeitskräfte gegen Ausbeutung schützen – auch Menschen ohne Papiere. Faire
Arbeitsbedingungen dürfen nicht von der Herkunft abhängen. Dazu wollen wir mehrsprachige und
niedrigschwellige Beschwerde- und Beratungsstrukturen ausbauen und stärken, damit sich alle
Arbeiter*innen an sie wenden können.
Wir kämpfen für eine EU, die den Zugang zum Grundrecht auf Asyl garantiert sowie humanitäre
und völkerrechtliche Verpflichtungen einhält. Wir stehen zur Genfer Flüchtlingskonvention,
der Europäischen Menschenrechtskonvention, der UN-Kinderrechtskonvention, der
Behindertenrechtskonvention und dem internationalen Seerecht.
Eine langfristige, geordnete und faire gemeinsame Asylpolitik ist nötig, um
menschenunwürdige Ad-hoc-Lösungen zu beenden. Mit einer fairen und verbindlichen Verteilung
von Schutzsuchenden stärken wir die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten und verteidigen
unsere gemeinsamen Werte. Abschottung und Grenzzäune schaffen Chaos und Leid,
rechtsstaatliche Verfahren sorgen für Humanität und Ordnung.
Gerade Staaten mit europäischen Außengrenzen sind auf eine geordnete Verteilung und
Unterstützung der EU sowie auf Solidarität beim rechtsstaatlichen Grenzmanagement
angewiesen. Wir setzen uns deshalb für einen dauerhaften, verlässlichen und verpflichtenden
Solidaritäts- und Verteilmechanismus ein. Um die gemeinsamen Herausforderungen zu
bewältigen, müssen sich alle Mitgliedstaaten einbringen – ob durch die Aufnahme von
Schutzsuchenden oder durch finanzielle Unterstützung für die Aufnahme von Geflüchteten.
Geld- und Sachleistungen an Drittstaaten sind dabei keine Kompensation. Mitgliedstaaten, die
in besonderem Maße Geflüchtete aufnehmen, müssen gestärkt und finanziell entlastet werden.
Viele Kommunen in der EU sind bereit, beherzt anzupacken. Bei der Verteilung von
Geflüchteten innerhalb der EU wollen wir eine aktive Rolle der Kommunen stärken und die
kommunalen Integrationsfonds ausbauen. Wenn es um die Verteilung Geflüchteter auf der
europäischen Ebene geht, möchten wir die Ressourcen der Länder und Kommunen über einen
Matching-Mechanismus mit den Bedürfnissen der Geflüchteten in Einklang bringen.
Um das Vertrauen in unser Asylsystem zu stärken, wollen wir die EU-Asylagentur in ihren
Befugnissen erweitern, damit sie die gemeinsamen europäischen Asylregeln durchsetzen kann.
Perspektivisch soll die Behörde dort, wo das System in einzelnen Mitgliedstaaten überlastet
ist, auch die Kompetenz für Asylverfahren erhalten. Dabei sind menschenrechtliche
Verpflichtungen einzuhalten und streng zu kontrollieren.
Die EU ist ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Das Recht auf Freizügigkeit
bzw. der Abbau von Grenzen innerhalb Europas war und ist eine der größten Errungenschaften
für das Zusammenwachsen der europäischen Gemeinschaft. Deshalb lehnen wir dauerhafte und
stationäre Binnengrenzkontrollen ab.
Ein gemeinsamer Schengen-Raum braucht kontrollierte Außengrenzen. Denn für die Freiheit und
Sicherheit im Inneren müssen wir zuverlässig wissen und kontrollieren können, wer nach
Europa kommt.
Die Glaubwürdigkeit der europäischen Werte und damit auch der Einfluss europäischer Politik
nach außen setzt indes die Achtung von Recht und Werten im eigenen Handeln voraus. Mit
dieser Erkenntnis ist es schwer vereinbar, dass das europäische Versprechen von Humanität
und Rechtsstaatlichkeit für Tausende jährlich an Stacheldraht und Patrouillenbooten
zerschellt.
Dem Versuch, Geflüchtete rechtswidrig zurückzudrängen, stellen wir uns entschieden entgegen.
Menschen, die bei uns in Europa ankommen, müssen zuverlässig registriert, erstversorgt und
menschenwürdig untergebracht werden. Das Recht auf Einzelfallprüfung und das
Nichtzurückweisungsgebot gelten dabei immer und überall.
Trotz dieser völker- und europarechtlich verbrieften Prinzipien erleben wir an Europas
Außengrenzen immer wieder systematische Rechtsbrüche. Menschen sind Misshandlungen
ausgesetzt, ihnen wird der Zugang zum Asylverfahren verweigert oder sie werden in Seenot
ihrem Schicksal überlassen. Wir setzen uns dafür ein, dass illegale Pushbacks rechtlich und
politisch konsequent geahndet werden. Wir wollen außerdem das staatliche und
zivilgesellschaftliche Menschenrechtsmonitoring durch die EU-Grundrechteagentur weiter
ausbauen. Gleichzeitig bedarf es einer engmaschigen parlamentarischen Kontrolle von Frontex-
Einsätzen und einer systematischen Menschenrechtsbeobachtung vor Ort. Hilfs- und
Menschenrechtsorganisationen benötigen jederzeit Zugang zu den Geflüchteten und den
Grenzregionen. Kooperationen der EU mit Drittstaaten müssen immer auf der Basis von Grund-
und Menschenrechten erfolgen. Die Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache wollen wir
endlich beenden.
Wir stehen entschlossen an der Seite der vielen Engagierten, die Geflüchtete versorgen und
beraten. Wir wollen sicherstellen, dass Presse, NGOs und Anwält*innen ungehindert Zugang zu
ihnen haben, um ihrem humanitären Engagement nachzugehen. Die Bedarfe von besonders
schutzbedürftigen Gruppen wie Frauen, queeren Menschen, Kindern oder Menschen mit
Behinderungen müssen wir dabei besonders in den Blick nehmen. Kinder, die sich allein auf
den Fluchtweg machen, müssen wir besser vor kriminellen Strukturen schützen. Sie müssen
kindergerecht untergebracht und versorgt werden.
Alle Menschen, die in Europa Schutz suchen, haben ein Recht auf faire und rechtsstaatliche
Asylverfahren. Wir fordern, dass sie dabei Zugang zu unabhängigen Asylberatungen haben, um
ihre Rechte zu kennen und durchzusetzen. Auch im Rahmen von möglichen Grenzverfahren muss
eine unabhängige Rechtsberatung gewährleistet sein.
Gleichzeitig wissen wir, dass nicht alle Asylverfahren zu einer Aufenthaltserlaubnis führen.
Wer nach sorgfältiger Prüfung der asyl- und aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen sowie
nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel kein Aufenthaltsrecht erhalten hat, muss zügig wieder
ausreisen – sofern dem keine Abschiebehindernisse entgegenstehen. Rückführungen sind immer
mit besonderen menschlichen Härten verbunden. Wir wollen, dass die freiwillige Rückkehr
Vorrang vor zwangsweisen Rückführungsmaßnahmen hat. Deshalb setzen wir uns für eine
europaweite, ergebnisoffene und unabhängige Rückkehrberatung ein.
Klar ist auch, dass Menschen nicht in Staaten abgeschoben werden dürfen, in denen ihnen
Menschenrechtsverletzungen oder eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben drohen. Eine
Rückführung darf nur in Länder erfolgen, zu denen die betroffene Person eine klare
Verbindung hat. Das Konzept der sicheren Drittstaaten finden wir weiterhin falsch. Der
Abschluss von sogenannten Rückführungs- oder Migrationsabkommen muss menschenrechtsbasiert,
die Zusammenarbeit mit den Herkunftsstaaten partnerschaftlich und auf Augenhöhe erfolgen.
Sie darf nicht von finanzieller Unterstützung im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit
abhängig gemacht werden.
Das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten finden wir falsch, denn es löst keine Probleme.
Was hilft, ist: alle Asylverfahren beschleunigen und die Qualität der Entscheidung
verbessern. Länder, die ihren Staatsbürger*innen eine sichere Rückkehr garantieren, sollen
über Visaerleichterungen oder Ausbildungspartnerschaften eine Aussicht auf geordnete
Migration erhalten. Menschen, die schwere Straftaten begangen haben, müssen nach Verbüßung
ihrer Strafe prioritär zurückgeführt werden.
Viele Geflüchtete leben bereits lange in Europa, bringen sich ein und stehen in
Beschäftigungsverhältnissen. Wir wollen ihnen eine bessere Perspektive geben. Denn es ist
nicht zumutbar, dass Menschen trotz tiefer Verwurzelung in die europäische Gesellschaft
täglich Sorge vor einer Abschiebung haben müssen. Wir setzen uns deshalb für einen
Spurwechsel ins europäische Einwanderungssystem ein.
Jedes Jahr sterben Tausende Menschen beim Versuch, das Mittelmeer zu überqueren. Als EU ist
es unsere Verpflichtung, die Augen vor diesem unerträglichen Zustand nicht zu verschließen.
Kein Mensch sollte für das Recht, um Asyl zu ersuchen, das eigene Leben oder das der Familie
und Kinder riskieren müssen. Wir dürfen nicht länger hinnehmen, dass das Mittelmeer die
tödlichste Grenze der Welt bleibt.
Das Völkerrecht verpflichtet uns dazu, Menschen in Seenot zu retten. Es braucht endlich eine
europäische Initiative für eine zivile, flächendeckende und staatlich koordinierte
Seenotrettung. Wir stehen an der Seite der Seenotretter*innen, die Menschenleben retten.
Alle Mitgliedstaaten der EU sind dafür verantwortlich, zu gewährleisten, dass
Seenotrettungsorganisationen ihre Einsätze gefahrlos absolvieren können. Der erfolgte
Einstieg Deutschlands in die finanzielle Unterstützung privater Seenotrettungs-NGOs ist hier
ein wichtiger Schritt. Die Seenotrettungsschiffe dürfen nicht durch Behörden in ihrer Arbeit
behindert werden. Rettungsschiffe müssen die Gelegenheit haben, den nächstgelegenen sicheren
Hafen anzulaufen, damit die Menschen an Land gehen und versorgt werden können. Ein Auslaufen
von Rettungsschiffen darf nicht behindert und Seenotrettung nicht kriminalisiert werden. Um
Menschenleben zu retten, treten wir für die Verbesserung der staatlichen, unter anderem
finanziellen, Unterstützung ziviler Organisationen ein. Wenn Menschen von
Seenotrettungsschiffen aufgenommen werden, müssen sie Zugang zum Antrag auf Asyl erhalten.
Der wirksamste Weg, irregulärer Migration entgegenzuwirken, ist die Schaffung sicherer und
legaler Migrationswege. So schützen wir nicht nur Menschenleben, sondern legen auch
Schleuser*innen das Handwerk.
Wir setzen deshalb auf partnerschaftliche Mobilitäts- und Migrationsabkommen mit Staaten
außerhalb der EU. Diese sollen vor allem Wege zur Bildungs- und Arbeitsmigration schaffen
und können gleichzeitig die menschenrechtlich abgesicherte Rückführung abgelehnter
Asylbewerber*innen umfassen.
Wir setzen uns dafür ein, das Resettlement-Programm des Flüchtlingshilfswerks UNHCR deutlich
auszubauen und zu stärken. So können durch die Vereinten Nationen (UN) anerkannte und
besonders schutzbedürftige Geflüchtete geordnet und solidarisch auf die Aufnahmeländer
verteilt werden. Wir wollen, dass sich der Anteil nach der Wirtschaftskraft der Staaten
bemisst. Das EU-Resettlement muss sich dabei an den UNHCR-Kriterien orientieren und darf das
individuelle Recht auf Asyl nicht schwächen.
Mit der Erteilung von humanitären Visa wollen wir sicherstellen, dass Asylsuchende Europa
erreichen können, ohne ihr Leben zu gefährden. Als EU müssen wir in besonderem Maße unserer
Verantwortung gegenüber ehemaligen Ortskräften sowie besonders gefährdeten Afghan*innen und
ihren Familien gerecht werden. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass Aufnahmeprogramme
gestärkt werden. Afghanischen Frauen, die in Drittstaaten geflohen sind und denen seit der
Machtübernahme der Taliban ein Studium in ihrem Heimatland untersagt ist, wollen wir mit
einem europäischen Stipendienprogramm ermöglichen, ihr Studium fortzusetzen.
Wir treten dafür ein, dass Geflüchtete ihre Angehörigen nachholen können. Familien gehören
zusammen. Gleichzeitig unterstützen stabile Lebensverhältnisse die Integration.
Ein starker Raum der Freiheit und Freizügigkeit braucht handlungsfähige Institutionen, die
Recht und Demokratie schützen, und er braucht Männer und Frauen, die oft unter großem
persönlichen Einsatz diesen Auftrag erfüllen. Kriminalität findet grenzüberschreitend statt
und verursacht enorme Schäden – sie bedroht die individuelle Sicherheit aller Menschen,
unsere Lebensqualität, unseren Wohlstand. Die EU muss darauf antworten: Die zunehmende
Vernetzung unserer Gesellschaft und Wirtschaft muss sich auch in der Zusammenarbeit unserer
Sicherheitsbehörden widerspiegeln. Moderne und effiziente Polizei- und Justizarbeit muss in
einem vereinten Europa ebenfalls grenzüberschreitend stattfinden sowie im Einklang mit
Bürger*innen-Rechten und rechtsstaatlichen Standards operieren. Wir setzen auf wirksame
Prävention und gemeinsame Strafverfolgung.
Die europäische Polizeibehörde Europol wollen wir dafür ausbauen. Europol soll eigene
operative Möglichkeiten für die Bekämpfung von Terrorismus und Organisierter Kriminalität
(OK) bekommen. Das Europol-Informationssystem (EIS) entwickeln wir weiter, um den
Datenaustausch zu verbessern. Die Aufsicht von Europol durch das Europäische Parlament
wollen wir stärken, um Transparenz sicherzustellen. Neben dem Ausbau von Europol sind
Austausch und Vernetzung der europäischen Polizei ein Schlüssel zum Erfolg: Die polizeiliche
Zusammenarbeit fördern wir durch den Ausbau gemeinsamer Joint-Investigation-Teams, die in
enger Zusammenarbeit Ermittlungen durchführen. Gemeinsame Zentren der Polizei in
Grenzregionen bauen wir auf Ebene der EU aus.
Vor allem wollen wir die europäische Perspektive in Praxis und Theorie der Polizeiarbeit
stärken: Wir schaffen ein europaweites, gefördertes Austauschprogramm für Polizist*innen,
bauen die Kooperation und Forschung an Polizeihochschulen und Universitäten aus – und
stärken so eine wissenschaftsbasierte Kriminalpolitik. Auch Drittstaaten wollen wir hierbei
einbeziehen.
Organisierte Kriminalität (OK) schädigt Menschen europaweit. Sie kostet Steuerzahler*innen
und Unternehmen Milliardenbeträge. Sie kann Demokratie und Rechtsstaat unterwandern.
Beispiele hierfür sind die Mordanschläge auf investigative Journalist*innen, die
Unterwanderung legaler Wirtschaftsbereiche oder die politische Einflussnahme durch
Korruption. Damit schädigt die OK insbesondere wirtschaftlich schwache Regionen in Europa
und hindert deren Entwicklung. Wir wollen entschlossen und gemeinsam gegen Organisationen
der OK vorgehen. Gruppierungen wie die Mafia nehmen wir dabei besonders in den Blick. Dafür
stärken wir die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Kriminalpolizei und Justiz. Die
europäischen Gesetze zur Bekämpfung der OK wollen wir harmonisieren.
Die organisierte Wirtschaftskriminalität betrachten wir stärker, schützen so auch
Verbraucher*innen vor Betrug und Unternehmen vor unfairem Wettbewerb. Den Kampf gegen die
unterschiedlichen Formen des Menschenhandels wollen wir konsequent führen und den Opfern
besonderen Schutz zukommen lassen. Ein Schwerpunkt für uns ist die Bekämpfung der
Umweltkriminalität und Agromafia: Die illegale Entsorgung von Müll, der illegale
Holzeinschlag oder der Handel mit fragwürdig erzeugten Lebensmitteln verursachen enorme
Schäden für Mensch und Umwelt. Den Handel mit illegalen Drogen werden wir eindämmen. Ein
nachhaltiges Vorgehen gegen kriminelle Aktivitäten kann nur in Zusammenarbeit mit der
Zivilgesellschaft gelingen und muss auf Prävention setzen. Daher werden wir
zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützen, die sich gegen die OK engagieren.
Geldwäsche und Finanzkriminalität verursachen hohe finanzielle Schäden für Staat und
Gesellschaft. Allein in Deutschland werden schätzungsweise rund 100 Milliarden Euro jährlich
„gewaschen“. Der Skandal um die Wirecard AG hat viele Tausende von Kleinanleger*innen
geschädigt. Wir wollen entschieden gegen Geldwäsche und Finanzkriminalität vorgehen. Auch
den organisierten Steuer- oder Subventionsbetrug werden wir ins Visier nehmen.
Finanzermittlungen bieten häufig erste Ermittlungsansätze und können helfen, kriminellen
Gruppen die Geschäftsgrundlage zu entziehen. Für uns ist klar: Kriminalität darf sich nicht
lohnen!
Die neue europäische Anti-Geldwäschebehörde AMLA wollen wir zu einer schlagkräftigen
Institution im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung entwickeln. Wir drängen
darauf, dass alle EU-Mitgliedstaaten nun ohne Verzug europäische und internationale
Standards zur Bekämpfung der Geldwäsche national umsetzen. Zusätzlich soll der automatische
Austausch von Steuerinformationen intensiviert werden. Wir setzen uns dafür ein, dass
international auf Ebene der G7/G20 ein Anti-Geldwäsche-Aktionsplan vorangetrieben wird. Wir
setzen uns für ein europäisches Vermögensregister ein. Behörden sollten europaweit die
wirtschaftlichen Eigentümer von Vermögensgegenständen einsehen dürfen, die von Kriminellen
regelmäßig für Geldwäsche missbraucht werden. Schlupflöcher und Umgehungsmöglichkeiten der
Transparenzregister, die zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung dienen,
werden wir weiter einschränken. Der Zugang zu den Transparenzregistern soll für die
Zivilgesellschaft, Journalist*innen und andere Gruppen mit berechtigtem Interesse einfach,
kostenfrei und anonym möglich sein. Immobilien müssen wirksam vor Spekulationen durch
illegales Geld geschützt werden. So schützen wir auch Mieter*innen. Dafür werden wir die
Transparenzvorschriften und Kontrollen beim Immobilienerwerb verbessern. Die
grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Strafverfolgungsbehörden und Instrumente im Bereich
Vermögensabschöpfung wollen wir verbessern. Vermögen unklarer Herkunft in Zusammenhang mit
kriminellen Aktivitäten muss einfacher eingezogen werden können. Für Bargeld werden wir EU-
weit gültige Höchstgrenzen festlegen, um den Transfer von inkriminierten Finanzmitteln zu
erschweren. Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung OLAF werden wir personell und
finanziell stärken, damit es wirksam gegen Betrugs- oder Korruptionsstraftaten, zum Beispiel
die Veruntreuung von europäischen Fördergeldern, vorgehen kann.
Terroristische Anschläge oder Gewalttaten, derzeit hauptsächlich islamistisch und
rechtsextrem motiviert, erzeugen unermessliches menschliches Leid. Sie stellen eine enorme
Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Terrornetzwerke reichen oft über den gesamten
Kontinent und darüber hinaus. Die EU kann und muss hier einen wirkungsvollen Beitrag zum
Schutz leisten. Eine konsequente und gut abgestimmte polizeiliche wie nachrichtendienstliche
europaweite Zusammenarbeit mit einheitlichen Standards und Definitionen ist notwendig, um
dem Terror das Handwerk zu legen. Wir wollen hierfür die Stelle des Anti-Terror-Koordinators
bzw. der Anti-Terror-Koordinatorin der EU aufwerten und die Mitgliedstaaten zu mehr
Austausch und Kooperation verpflichten.
Gute Präventionsarbeit ist das beste Mittel, damit Menschen nicht in die politische
Gewaltszene und den Terrorismus abrutschen. Dafür brauchen wir den europaweiten
Erfahrungsaustausch demokratischer Kräfte, den wir finanziell fördern wollen. Dazu zählt die
Bildungsarbeit an Schulen oder Jugendeinrichtungen. Programme zur Deradikalisierung oder
Angebote für Aussteiger*innen aus der islamistischen oder rechtsextremen Szene wollen wir
EU-weit etablieren. Die Entwicklung anderer und neuer Extremismusformen beobachten wir
genau. Onlineplattformen spielen eine wichtige Rolle bei der Verbreitung von
Terrorpropaganda. Wir wollen, dass Onlineplattformen entschiedener dagegen vorgehen und
entsprechende Inhalte löschen.
Durch eine entschiedene Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung wollen wir dem Terror die
operative Grundlage entziehen. Wir richten den Blick darauf, wo sich terroristische und
kriminelle Strukturen überschneiden. So unterbinden wir den Zugang zu Schwarzmärkten und
legen wichtige Finanzquellen trocken. Wir setzen uns für gemeinsame Standards und einen
intensiven Austausch bei der Verfolgung von Terrorist*innen ein.
Bei der Beobachtung potenzieller Gewalttäter*innen braucht es ein europaweit einheitliches
Vorgehen, damit die Sicherheitsbehörden nicht aus administrativen Gründen ihre Spur
verlieren. Den Begriff des „Gefährders“ wollen wir deshalb EU-weit einheitlich definieren,
um eine grenzüberschreitende Fallbearbeitung sicherzustellen.
Schwere Gewalttaten und Terroranschläge haben in der Vergangenheit immer wieder gezeigt,
dass Schusswaffen oder Ausgangsstoffe für Explosivstoffe zu leicht verfügbar sind. Wir
wollen die Verfügbarkeit von illegalen Schusswaffen einschränken und den Schwarzmarkt
austrocknen. Für sogenannte Anscheinswaffen, beispielsweise Sammlerstücke, wollen wir
wirksame europäische Standards einführen, damit eine Reaktivierung der Waffen nicht mehr
möglich ist. Waffen und relevante Waffenteile müssen lückenlos registriert werden. Wir
setzen uns für gemeinsame und strenge Standards für die Zuverlässigkeitsprüfung für
Waffenbesitzer*innen ein. Den Missbrauch von Ausgangsstoffen von Explosivstoffen wollen wir
durch ein strenges Monitoring unterbinden.
Grenzüberschreitender Terrorismus, geheimdienstliche Aktivitäten, Wirtschaftsspionage oder
Desinformationskampagnen bedrohen unsere liberale und offene Gesellschaft. Besonders
autoritäre Staaten wie China, Russland oder Iran nehmen dabei die gesamte EU in den Blick
und koordinieren ihre Vorgehen in den verschiedenen Mitgliedstaaten. Beispiele hierfür sind
Angriffe auf Oppositionelle oder auf unsere Kritischen Infrastrukturen (KRITIS). Dem müssen
wir uns in Europa gemeinsam und entschlossen entgegenstellen. Die Nachrichtendienste spielen
dabei eine wichtige Rolle und sind Teil einer wehrhaften Demokratie.
Bislang wird ihre Arbeit aber oft dadurch behindert, dass Informationen und Erkenntnisse
europaweit nicht ausreichend geteilt werden. Wir fordern effektive und demokratische
Nachrichtendienste, damit wir die Sicherheit der EU global besser gewährleisten können.
Deshalb wollen wir für eine bessere und rechtsstaatliche Zusammenarbeit der europäischen
Nachrichtendienste eine europäische Nachrichtendienstagentur gründen. Dort soll in den
Mitgliedstaaten gesammeltes Wissen, unter Einhaltung strenger rechtlicher Vorgaben,
zusammengeführt und ausgewertet werden, um die Analysefähigkeit zu stärken. Es braucht
demokratisch legitimierte und rechtsstaatliche Kontrollmechanismen der Agentur, die unter
Einbeziehung des Europäischen Parlaments erarbeitet werden. Wir setzen uns dafür ein, dass
nachrichtendienstliche Befugnisse europaweit auf klaren Rechtsgrundlagen stehen, effektiv
begrenzt werden und eine parlamentarische Kontrolle in allen Mitgliedstaaten eingehalten
wird. Einen rechtswidrigen Ringtausch von fragwürdig erlangten Daten unter den
Nachrichtendiensten lehnen wir ab. Darüber hinaus setzen wir uns für eine bessere Vernetzung
und Kooperation der mitgliedstaatlichen Aufsichtsbehörden auf der europäischen Ebene ein.
Eine effiziente und gemeinsame Verfolgung von Straftaten braucht einen einheitlichen
europäischen Rechtsrahmen – das gilt für das gesamte Spektrum, von der Organisierten
Kriminalität bis hin zu Hasskriminalität. Dafür wollen wir insbesondere das Strafrecht
weiter harmonisieren. Hasskriminalität wollen wir in die Liste der EU-Straftaten aufnehmen,
damit sie europaweit verfolgt werden kann.
Um Recht in Europa durchzusetzen, wollen wir die europäischen Strukturen stärken: Die
Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust)
wollen wir personell und finanziell besser ausstatten und die Europäische Staatsanwaltschaft
(EUStA) ausbauen. Sie soll zukünftig eigene Ermittlungen bei grenzüberschreitenden
Sachverhalten im Bereich von Terrorismus und OK führen. Grenzüberschreitende Strafverfahren
wollen wir vereinfachen und in einem Land bündeln, damit sie gemeinsam durchgeführt werden
können. Durch die Digitalisierung des grenzüberschreitenden elektronischen Rechtsverkehrs
unter Wahrung der IT-Sicherheit und des Datenschutzes schaffen wir eine schnellere und
effizientere Zusammenarbeit der Justiz in Europa.
Im Zentrum stehen die Rechte der Bürger*innen: Wir treten für einen effektiven Rechtsschutz
von Beschuldigten und Verteidiger*innen ein. Hinweisgeber*innen, Zeug*innen und
investigative Journalist*innen spielen eine herausragende Rolle bei der Aufklärung von
Straftaten und Rechtsverstößen. Wir wollen sie deshalb besser schützen. Dafür schlagen wir
ein EU-Netz vor, das europaweit einen wirksamen Schutz für Menschen bietet, die bei der
Aufdeckung und Verfolgung von Straftaten mitwirken. All das soll Menschen dabei
unterstützen, bei der Aufklärung von Verbrechen sicher mit der Justiz zusammenzuarbeiten.
Das wollen wir nutzen. Aussagen von Kronzeug*innen sollen künftig eine größere Rolle bei der
grenzüberschreitenden Strafverfolgung spielen.
Naturkatastrophen, schwere Unglücke oder humanitäre Notlagen: Außerordentliche
Notsituationen können das Leben Tausender Menschen auf den Kopf stellen und gigantische
Umweltschäden nach sich ziehen. Ebenso können Angriffe auf unsere Kritische Infrastruktur
unabsehbare Auswirkungen haben. Sie sind die Lebensadern unserer modernen Gesellschaft. Sie
versorgen uns mit Energie oder Informationen. Einzelne Mitgliedstaaten sind mit Bedrohungen
dieses Ausmaßes schnell überfordert. Die EU kann durch eigene Ressourcen und Koordination
praktisch helfen – und so Sicherheit und Wohlstand auf unserem Kontinent schützen. Wir
wollen den physischen und digitalen Schutz von KRITIS verbessern und zusammendenken. Dabei
nehmen wir transnationale Netze stärker in den Blick. Ein verbindliches IT-
Schwachstellenmanagement führen wir ein, um Attacken auf digitale Systeme zu verhindern.
Durch die Klimakrise drohen Extremwetterereignisse mit ihren teilweise unabsehbaren Folgen
weiter zuzunehmen. Eine Stärkung des europäischen Bevölkerungsschutzes kann dabei helfen,
Schäden zu reduzieren. Wir wollen das europäische Katastrophenschutzverfahren weiter stärken
und mit eigenen europäischen Fähigkeiten ausstatten. Dafür wollen wir zunächst eine echte
europäische Löschflugzeugstaffel aufstellen und in die rescEU-Reserve einbinden. Den
gesundheitlichen Bevölkerungsschutz und zum Beispiel Kapazitäten zur Hilfe bei Erdbeben oder
anderen Großschadenslagen wollen wir ausbauen.
Die schnell fortschreitende Digitalisierung hat einen enormen Einfluss auf die Art, wie wir
zusammen leben. Deswegen entwickeln wir auf der Grundlage unserer Werte eine
Menschenrechtspolitik für das digitale Zeitalter. Wir wollen die EU dabei als Vorbild und
Partnerin für Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte in einer globalisierten digitalen Welt
stärken. Dazu müssen wir bei der Gestaltung der digitalen Dimension die Rechte der Menschen
immer mitdenken. Menschen haben das Recht, selbstbestimmt zu leben und weder von KI noch
anderen Technologien vereinnahmt zu werden.
Wir treten dafür ein, dass der digitale Raum stärker unsere vielfältige Gesellschaft
abbildet und bestehende Diskriminierung nicht in den digitalen Raum übertragen wird. Wir
fördern das konsequente Vorgehen gegen Diskriminierung und eine aktive Beteiligung von
Frauen an den Gestaltungspositionen der Digitalisierung.
Instrumente der Massenüberwachung lehnen wir daher ab. Dazu gehört etwa die anlasslose
Vorratsdatenspeicherung, biometrische Gesichtserkennung, die Überwachung von Verhalten oder
Emotionen. Besonders KI-gestützte Technologien zur Erkennung von Emotionen oder die
Zuschreibungen von teils höchst persönlichen Eigenschaften wie Geschlecht, sexuelle
Orientierung, politische oder gewerkschaftliche Zugehörigkeit lehnen wir aufgrund der hohen
Wahrscheinlichkeit für Fehler und der möglichen Auswirkungen auf bereits marginalisierte
Gruppen ab. Die Forschung und der Einsatz besonders von Emotionserkennung zur Unterstützung
im medizinischen und sozialen Bereich sollen davon aber nicht betroffen sein. Das Recht auf
eine sichere Kommunikation und Verschlüsselung wollen wir stärken und ausbauen. Sie ist
gerade für eine freie Presseberichterstattung oder für die Arbeit von oppositionellen
Kräften in autoritären Ländern von entscheidender Bedeutung.
Der anlasslosen Verarbeitung von umfassenden Fluggastdaten und der Ausweitung entsprechender
Systeme auf andere Sektoren treten wir klar entgegen. Auch in der EU wird Spyware
eingesetzt, die tief in die Privatsphäre eindringt. Die Verwendung von Spyware, zum Beispiel
zur Überwachung von Journalist*innen oder Staatsanwält*innen, lehnen wir ab.
Der Zugang zu verlässlichen Informationen und Nachrichten ist eine Voraussetzung der
Demokratie. Soziale Medien und andere moderne Kommunikationsplattformen erlauben es heute,
dass Informationen und Nachrichten auf unterschiedlichste Weise aufbereitet und diskutiert
werden können.
Durch Propagandakampagnen wird die demokratische Meinungsbildung gefährdet. Wahlen sollen
bewusst mit Mitteln der Desinformation beeinflusst werden. Wir treten dafür ein, dass
Sanktionen gegen staatliche Propagandaplattformen, die gezielt Desinformationen verbreiten,
etwa Russia Today, konsequent durchgesetzt werden. Wir wollen, dass regelmäßig und
europaweit Lagebilder zu Desinformationen erstellt werden, um die Grundlage für eine
effektive Bekämpfung zu schaffen.
Hass, Hetze und Desinformation greifen gezielt die offene Debatte an diesen Orten an. Mit
offenem Frauenhass wird versucht, Frauen aus dem digitalen Raum zu drängen. Algorithmen und
Targeting dominanter Digitalplattformen tragen dazu einen wesentlichen Beitrag, indem sie
Hassnachrichten und Desinformation verstärkt verbreiten. In der Folge ziehen sich von
Hassrede betroffene Personen häufig zurück oder schränken ihre Meinungsäußerung ein – zum
Schaden der demokratischen Debatte.
Die algorithmische Verstärkung von Hass und Hetze nehmen wir ins Visier. Mit dem Digitale-
Dienste-Gesetz und dem Digitale-Märkte-Gesetz haben wir in Europa die Grundsteine gelegt, um
mit Nutzer*innen-Rechten, Transparenz und klaren Regeln Hassrede entgegenzutreten, ein
demokratischeres Internet zu schaffen und Wettbewerb wiederherzustellen. Diese Regeln gilt
es, jetzt in Deutschland und Europa konsequent durchzusetzen und weiterzuentwickeln.
Zivilgesellschaftliche Organisationen müssen von Hass und Hetze betroffene Personen
einfacher bei der Wahrnehmung ihrer Rechte unterstützen können. Dafür wollen wir auch eine
europaweite Opferberatung und niedrigschwellige Hilfsangebote etablieren. Die Einrichtung
von Spezialdienststellen bei Polizei und Staatsanwaltschaften in den Mitgliedstaaten wollen
wir unterstützen. Die konsequente Durchsetzung des Strafrechts kann auch durch die rechtlich
gesicherte automatisierte Erkennung von strafrechtlich relevantem Material, zum Beispiel
Hassposts, unterstützt werden, das anschließend von den Ermittlungsbehörden überprüft wird.
Europol soll gegen europaweit agierende Netzwerke vorgehen, die gezielt Hass und Hetze im
Netz verbreiten.
Gleichzeitig können auch klassische Medien bei der Verbreitung von Desinformation eine
wichtige Rolle spielen, wenn sie zum Beispiel Informationen ohne Überprüfung aus den
sozialen Medien übernehmen oder gar selbst aktiv bei der Verbreitung von Falschinformationen
mitwirken. Die Verbreitung von hochwertigen gefälschten Videos, sogenannten Deepfakes, oder
durch KI manipulierten Bildern lässt Desinformationen noch glaubwürdiger erscheinen und ist
für viele Menschen nur schwer erkennbar. Daher haben wir im Rahmen des KI-Gesetzes
erfolgreich die adäquate Kennzeichnung der Deepfakes verankert. Ein wichtiger Baustein der
Bekämpfung von Desinformationen in einer Demokratie liegt in der Stärkung der
Informationskompetenz, damit Menschen besser Desinformationen erkennen können.
Sogenannte Social Bots, die automatisch Inhalte in sozialen Medien verbreiten, sollen
entsprechend gekennzeichnet und somit unterscheidbar von menschlichen Nutzer*innen werden.
Wenn unsere digitale Infrastruktur eine immer wichtigere Rolle für unser Zusammenleben
spielt, kommt ihrem Schutz eine große Bedeutung bei. Der beste Schutz vor Cybercrime aber
liegt in der Prävention und in der Resilienz digitaler Systeme. Wir sorgen für eine
konsequente Etablierung von hohen IT-Sicherheitsanforderungen in digitalen Produkten,
Diensten und Prozessen. Wir setzen uns für eine zügige Umsetzung der aktualisierten EU-
Richtlinie zur Cybersicherheit ein, um ein EU-weites Sicherheitsniveau zu etablieren. Wir
wollen die europäische Kooperation im Bereich der Cyberabwehr deutlich stärken. Die Agentur
der Europäischen Union für Cybersicherheit entwickeln wir hierfür weiter.
Der Cyberraum wird zunehmend Schauplatz von Kriegen und Konflikten. Das sehen wir
eindringlich in der Ukraine, wo die militärische Aggression Russlands von Cyberoperationen
begleitet wird. Auch Cyberattacken etwa auf digitale Wahl- und Verwaltungssysteme sind eine
Bedrohung für unsere Demokratie und Sicherheit. Wir setzen uns für einen norm- und
regelbasierten Cyberraum ein, der von Diplomatie und internationaler Zusammenarbeit geprägt
ist. Gleichzeitig geht Cybersicherheit mit digitaler Souveränität einher. Hier wollen wir
Kompetenzen in der EU ausbauen.
Wir wollen in Europa die rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen für sichere „Digitale
Botschaften“ schaffen. Damit sollen staatliche und öffentlich relevante Datenbanken und
technische Infrastrukturen in anderen europäischen Mitgliedstaaten gesichert vorgehalten
werden können, um auch in Krisen- und Kriegssituationen die Arbeitsfähigkeit und den Zugang
zu Daten, zum Beispiel von Parlamenten, der öffentlichen Verwaltung, der Justiz oder den
Sozialversicherungen, zu ermöglichen.
Das hohe Tempo der Digitalisierung und die Zunahme digitaler Dienstleistungen haben auch zu
einer Verlagerung von Straftaten ins Netz geführt. Darauf muss die Strafverfolgung
reagieren, besonders auf europäischer Ebene, denn Cybercrime kennt ebenso wie das Internet
keine Grenzen. Dafür stärken wir die Rolle von Europol bei der Bekämpfung von Kriminalität
im Netz. Auch die europaweite polizeiliche Zusammenarbeit zur Erkennung und Bekämpfung
stärken wir. So gehen wir auch entschieden gegen die Verbreitung von sexualisierten
Gewaltdarstellungen von Kindern und Jugendlichen im Netz vor. Wir wollen mit gezielten
Kampagnen die Bürger*innen für Betrugsdelikte sensibilisieren, die im Internet begangen
werden.
Diese Zeilen widersprechen Grüner Asylpolitik und sogar dem Absatz davor.
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